Eigenmietwert – was Sie über das fiktive Einkommen wissen sollten

Eigenmietwert

Wer sich den Traum von einem Eigenheim verwirklicht, tut dies aus vielerlei Gründen. Unter anderem meist auch, um sich die Zahlung einer lebenslangen Miete zu ersparen. Genau diese Ersparnis sehen die Steuerbehörden in der Schweiz jedoch als zusätzliche Einkommensquelle an.

Würde man die Immobilie nicht selbst nutzen, müsste man Miete bezahlen. Würde das Objekt im umgekehrten Fall vermietet, hätte man Mieterträge. Vermiedene Ausgaben oder fiktive Einkünfte erhöhen steuerrechtlich die Leistungsfähigkeit des Eigentümers und werden daher als Einkommen angerechnet. Dies gilt für jede Immobilie, auch wenn es sich um eine Zweitwohnung oder um eine Ferienimmobilie handelt.

Eigenmietwert heisst der umstrittene Posten, genauer gesagt Mietwertbesteuerung der selbst genutzten Liegenschaften. Ziel ist es, mit dieser Massnahme einen Ausgleich zwischen Mietern und selbstnutzenden Eigentümern zu schaffen.

Die Grundlage hierfür bilden das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden und das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer.

Das Ergebnis der Einkommensermittlung ist jedoch nicht überall gleich hoch. Die Kantone handhaben die Besteuerung im Rahmen einer amtlichen Verkehrswertschätzung unterschiedlich. Der Eigenmietwert liegt bei Kantonen und Gemeinden ca. 10-40 % unterhalb des aktuellen Marktniveaus. Der Bund darf nach aktueller Rechtssprechung solche Rabatte nicht ohne besondere Gründe umsetzen und entspricht daher nahe dem Marktwert. Im Gegenzug erlauben die Steuerbehörden den Eigentümern einen steuerlichen Abzug der Hypothekarzinsen und der Unterhaltskosten für das Eigentum.

Wir haben Ihnen die wichtigsten Informationen rund um den Eigenmietwert zusammengestellt. Sie ersetzen jedoch keine Beratung im Einzelfall durch die Steuerämter oder den Steuerberater.

Wie wird die Höhe des Eigenmietwertes ermittelt?

Um den Eigenmietwert zu ermitteln, legen die Kantone statistische Mietzinstabellen an. Dazu werden Wohnungen und Häuser mit passenden Objekten innerhalb des Kantons verglichen. Liegt das zu besteuernde Objekt in einer kleinen Ortschaft, werden ähnliche Immobilien in vergleichbaren Ortschaften herangezogen. Dabei spielen die Anzahl der Räume sowie Balkon, Terrasse, Keller, Garage, Garten etc. eine Rolle. Der so ermittelte Mietwert wird darüber hinaus unter Berücksichtigung von Bauweise, Baujahr, Lage, Renovierungs- und Umbaumassnahmen angepasst.

Über die Details rund um die Eigenwertermittlung informiert der jeweilige Kanton, als Beispiel die Anweisung des Kantons Bern.

Der finale Mietwert wird nicht 1:1 übernommen, da der Eigenmietwert zugunsten des Steuerzahlers massvoll ausfallen soll. Im Rahmen der Kantons- und Gemeindesteuern müssen jedoch mindestens 60 % des Marktwertes angesetzt werden. Für die direkte Bundessteuer soll der Eigenmietwert aus Verfassungsgründen eher dem Marktniveau entsprechen. Nur beim Zugrundeliegen besonderer Gründe darf er mit mindestens 70 % der Marktmiete ausgewiesen werden.

Ein durchsetzbarer Rechtsanspruch darauf besteht nicht. Die eher massvolle Eigenmietwertermittlung auf Kantons- und Gemeindeebene und die marktübliche Ermittlung auf Bundesebene ergeben daher häufig zwei unterschiedliche Werte. Ein Umstand, der beim Steuerzahler kaum für Transparenz sorgt. Dass es sich auch die Steuerbehörden nicht gerade leicht dabei machen, zeigt die beispielhafte Wertermittlung des Kantons Aargau.

Nachträgliche Änderungen oder Einspruch gegen den Eigenmietwert

Sobald Sie die Veranlagungsverfügung erhalten, sollten Sie diese intensiv prüfen. Achten Sie darauf, dass Ihr Objekt nach dem aktuellen Stand korrekt bewertet ist. Wurden beispielsweise Verkleinerungen des Grundstücks vorgenommen, die nicht berücksichtigt sind, lässt sich durch sofortige Reklamation viel Geld sparen. Ihren Einspruch gegen die Besteuerung können Sie binnen 30 Tagen nach Erhalt der Veranlagungsverfügung erheben. Danach wird die Verfügung wirksam.

Reduzieren können Sie Ihren Eigenmietwert auch, wenn Sie nach Veränderungen im Haushalt einige Räume nicht mehr nutzen, beispielsweise nach dem Auszug der Kinder oder aufgrund einer Scheidung. Diese Unternutzung lässt sich unter Umständen steuermindernd angeben. Dabei wird der Eigenmietwert des gesamten Objektes proportional auf die genutzten Räume umgelegt. Ist ein Raum grösser als 30 m² wird er als zwei Räume gezählt.

Das Verfahren ist jedoch nur möglich, wenn diese Räume tatsächlich nicht mehr genutzt werden. Bei einer Ersatznutzung als Hobbyraum oder einer Untervermietung ist eine Anpassung nicht möglich. Auch wenn der Eigentümer die Immobilie käuflich erworben hat und sich seither keine Änderungen in der Personenzahl des Haushalts ergeben haben, akzeptieren die Behörden meist keine Unternutzung. Pauschale Regeln lassen sich dazu jedoch nicht aufstellen. Das Steueramt entscheidet über die Anträge nach Einzelfallprüfung.

Wie die Prüfung und Entscheidung über eine Unternutzung gehandhabt wird, zeigt beispielhaft die Anweisung des Steueramtes Zürich.

Welche steuerlichen Ausgleichsmöglichkeiten hat der Eigentümer?

Um die zusätzlichen Aufwände durch die Besteuerung zu mindern, können Eigentümer ihre Hypothekar-Schuldzinsen von der Steuer abziehen. Je höher also die Hypothek, desto höher die steuerliche Entlastung. Dabei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass eine Hypothek bei Zinserhöhung noch tragbar sein muss.

Abzugsfähig sind ebenfalls Versicherungsprämien für Gebäude- oder Wohneigentumsversicherungen. Dazu gehört der Schutz gegen Feuer, Wasser, Glasbruch, Hagel etc. Auch Verwaltungskosten akzeptiert das Steueramt.

Unterhaltskosten für Ihre Immobilie können Sie bei der Steuer in unterschiedlicher Ausprägung geltend machen. Dazu gehören u. a. werterhaltende Massnahmen wie der gleichwertige Austausch von Fenstern, Haushaltsgeräten oder Öltanks. Darüber hinaus sind beispielsweise Reparaturen Ihrer Heizanlage oder des Dachs abzugsfähig. Dabei haben Sie die Wahl zwischen einer Pauschale und der Angabe der tatsächlichen Aufwände. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit ist, dass Sie die Belege für Unterhaltsarbeiten an Ihrer Immobilie aufbewahren. So können Sie selbst ausrechnen, ob die Geltendmachung der tatsächlichen Kosten lohnender wäre, als die Inanspruchnahme einer Pauschale.

Wertsteigernde Massnahmen, wie An-, Um- und Ausbauten oder der Einbau eines Swimmingpools sind vom Steuerabzug ausgeschlossen. Eine Ausnahme bilden Investitionen für erneuerbare Energien oder Massnahmen, die die Energiebilanz der Immobilie verbessern. Siehe hierzu das Merkblatt des Kantons Zürich.

Darüber hinaus kann die Pflege und Instandhaltung des Gartens angegeben werden. Dazu gehört der gleichwertige Austausch von Pflanzen, unterjährige Pflegeschnitte, nicht aber die Neuanlage einer Sandsteinmauer oder einer Terrasse.

Wo die Grenzen zwischen werterhaltenden und wertsteigernden Investitionen sind, ist oft gar nicht so einfach zu erkennen. Welche Massnahmen im Detail zum Liegenschaftsunterhalt angesetzt werden können, zeigt daher die Übersicht des Kantons Aargau sehr anschaulich. Befragen Sie zusätzlich auch Ihren Steuerberater, denn bei grossen Investitionen empfiehlt es sich häufig, diese zu splitten.

Was passiert in finanziellen Härtefällen?

Die Ermittlung des Eigenmietwerts führt zu einer zusätzlichen Besteuerung, die für den Einzelnen zu einer schmerzhaften Belastung führen kann. Nicht jeder Steuerpflichtige kann diese Belastung tragen. Wann ist jedoch eine Reduzierung aufgrund fehlender finanzieller Mittel möglich?

Die Steuerämter sind angewiesen, einen Einschlag zu gewähren, wenn der Eigenmietwert zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Eigentümers in deutlichem Missverhältnis steht. Dabei werden selbstständig steuerpflichtige Haushaltsmitglieder, wie Kinder und Lebenspartner, mit einberechnet. Wird das so ermittelte gemeinschaftliche Haushaltseinkommen zu mehr als 1/3 vom Eigenmietwert verbraucht, können Steuerämter einen Einschlag gewähren.

Vorher ist jedoch zusätzlich das Vermögen zu bewerten. Ohne Berücksichtigung des zu bewertenden Objekts und der Hypothekarschulden darf es nicht mehr als 600‘000 sFR. betragen, andernfalls entfällt eine Anpassung der Steuerbelastung. Ist Vermögen innerhalb dieses Rahmens vorhanden, das zum Lebensunterhalt herangezogen werden kann, wird ein reduzierter Einschlag gewährt.

Der Antrag auf eine Härtefallregelung ist dabei stets vom Steuerpflichtigen zu stellen. Nähere Informationen finden Sie beispielsweise hier.

Sind Ferienwohnungen im Ausland ebenfalls vom Eigenmietwert betroffen?

Ja, auch Ferienimmobilien und Zweitwohnungen sind in die Ermittlung des Eigenmietwerts einzubeziehen, unabhängig ob in der Schweiz oder im Ausland gelegen. Wird das Objekt nur während des Ferien-Aufenthalts genutzt und nicht untervermietet, erfolgt die Bewertung relativ simpel: Der Kaufpreis wird in Schweizer Franken nach dem aktuellen Tageskurs umgerechnet. Davon werden pauschal 2,5 % ermittelt.

Wie das praktisch aussieht, zeigt die Erläuterung der Kantonalen Steuerverwaltung Freiburg.

Was tun, wenn Objekte zum Eigenmietwert nicht angegeben wurden?

Nicht selten passiert es, dass aus Unwissenheit oder anderen Gründen Objekte wie Zweitwohnungen oder Ferienhäuser zur Ermittlung des Eigenmietwertes nicht angegeben wurden. Erst im Rahmen einer Steuerberatung oder bei der Übernahme durch Erben fällt dieses Versäumnis womöglich auf. Was tun?

Die Schweiz hat die Möglichkeit einer straflosen Selbstanzeige eingeführt. Dabei wird die Nachbesteuerung veranlasst, ohne dass Steuerpflichtiger oder Erben eine strafrechtliche Verfolgung befürchten müssen. Bedingungen sind jedoch: das erstmalige Eintreten einer Steuerhinterziehung, die tatsächliche Selbstanzeige (nicht durch Mittäter oder Mitwisser), sowie die lückenlose und aktive Vorlage aller notwendigen Unterlagen. Zudem darf den Behörden bisher kein Hinweis auf eine Steuerhinterziehung zu dem Steuerpflichtigen bzw. dem Verstorbenen vorgelegen haben.

Nachberechnet werden Steuern bei Selbstanzeige bis zu 10 Jahre lang zuzüglich der darauf anfallenden Zinsen. Erfolgt die Anzeige durch die Erben, werden lediglich die letzten 3 Jahre vor dem Tod des säumigen Steuerzahlers nachbelastet.

Details zur Vorgehensweise und zu den Voraussetzungen einer Straffreiheit hat das Zürcher Steueramt hier zusammengefasst.

Erfolgt keine Selbstanzeige, sondern eine Anzeige durch Dritte, erfolgt zusätzlich zur Nachbesteuerung mit Zinsen die Auflage einer Busse und je nach Vergehen ein Strafverfahren.