Wenn Vermieter ihre Immobilie zukünftig selbst nutzen wollen, haben sie in der Schweiz das Recht, ein bestehendes Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Der Mieter muss seinem Vermieter dann die Wohnräume nach Ablauf der Kündigungsfrist überlassen. Tut er das nicht, riskiert er eine Zwangsräumung.
Die Kündigung muss einige Voraussetzungen erfüllen, um als Eigenbedarfskündigung durchzugehen. Zudem haben Mieter Möglichkeiten, die Kündigung anzufechten und besondere Umstände geltend zu machen.
Wann besteht Eigenbedarf?
Eine Eigenbedarfskündigung gilt auch, wenn die Wohnung oder Immobilie nicht vom Vermieter selbst genutzt werden soll, sondern Familienangehörigen, Lebenspartnern und deren Kindern oder sonstigen Haushaltsmitgliedern zur Verfügung gestellt wird. Sogar wenn die Räumlichkeiten für das Pflegepersonal des Vermieters oder dessen Haushaltsmitglieder benötigt werden, ist eine Kündigung wegen Eigenbedarfs zulässig.
Wichtig: Den Kündigungsgrund muss der Vermieter seinem Mieter oder dem Schiedsgericht glaubhaft darlegen und ggf. nachweisen.
Welche Voraussetzungen müssen Vermieter einhalten?
Um wegen Eigenbedarfs kündigen zu können, müssen Vermieter einige Bedingungen erfüllen:
Tatsächlich vorhandener Eigenbedarf
Mietvertragskündigungen sind auch in der Schweiz nicht einfach durchzusetzen. Mancher Vermieter kann der Verlockung, Eigenbedarf anzugeben, ohne dass dieser tatsächlich vorhanden ist, nicht widerstehen. Ist der Mieter ausgezogen, kann das Objekt zu einem höheren Mietzins erneut vermietet werden.
Ein Fehler mit Folgen: Denn hat ein Vermieter nicht vor, die Immobilie unmittelbar nach der Eigenbedarfskündigung an Familien- oder Haushaltsmitglieder zu vermieten, ist die Kündigung wegen vorgeschobenem Eigenbedarf missbräuchlich. Daher sollten Vermieter nicht nur das Datum des Einzugs und persönliche Angaben zum künftigen Mieter nennen, sondern bei Anfechtung auch belegen können.
Idealerweise können sie nachweisen, dass sie bereits bei Abschluss des Mietvertrags auf die Absicht einer späteren Eigenbedarfskündigung hingewiesen haben.
Kündigung per Formular
Mietverträge können schriftlich, mündlich oder konkludent geschlossen werden. Konkludent bedeutet, dass der Vertrag durch eindeutiges Handeln zustande kommt. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Mieter den Mietzins überweist und der Vermieter diesen vereinnahmt. Eine Kündigung muss in der Schweiz dagegen grundsätzlich schriftlich erfolgen. Das gilt unabhängig vom Grund für alle Mietvertragskündigungen.
Dazu stellt jeder Kanton ein Formular zur Verfügung, das Vermieter für die Kündigung verwenden müssen. Damit sollen missbräuchliche Kündigungen vermieden werden. Auf dem Kündigungsfomular wird der Mieter über seine Rechte und Voraussetzungen einer Mietvertragskündigung durch den Vermieter informiert.
Alternativangebot und Begründung
Zu einer vollständigen Kündigung des Mietverhältnisses gehört auch die ausführliche Beschreibung, weshalb gekündigt wird und wer zukünftig die Immobilie nutzt. Vorhandene Gründe wie Jobwechsel des Sohnes, Studienplatz der Tochter oder Pflegschaft der Eltern unterstreichen den tatsächlichen Bedarf.
Falls Sie als Vermieter dem Mieter eine freie Alternativwohnung anbieten, muss dieses Angebot ebenfalls in das Kündigungsformular aufgenommen werden. Schildern Sie dazu auch, weshalb der künftige Nutzer der gekündigten Immobilie nicht selbst die Alternative nutzen kann.
Kündigung korrekt adressieren
Ist das Mietobjekt an mehrere Personen vermietet, müssen Vermieter nachweislich jeder Partei einzeln kündigen. Den Nachweis erbringen sie am besten durch Versenden des Kündigungsformulars per Einschreiben. Ein Vermieter kann es auch persönlich übergeben, benötigt in diesem Fall jedoch einen Zeugen.
Kündigungsfrist einhalten
In der Regel gilt in Mietverhältnissen 3 Monate Kündigungsfrist. Das heisst, eine Kündigung darf zum Ende einer dreimonatigen Frist oder auf einen ortsüblichen Termin hin ausgesprochen werden. Wurden im Mietvertrag abweichende Zeiträume genannt, die länger andauern, gelten diese. Massgeblich zur Berechnung der Frist ist der Tag, an dem die Kündigung beim Mieter angekommen ist.
Widerspruchsfrist angeben
Der Vollständigkeit halber sollte in der Kündigung die gesetzliche Widerspruchsfrist des Mieters angegeben sein. Nach Erhalt der Kündigung bleiben ihm zur Anfechtung 30 Tage Zeit.
Wie können Mieter die Eigenbedarfskündigung anfechten?
Versäumen Mieter den rechtzeitigen Widerspruch, ist die Kündigung in der Regel rechtswirksam. Stellt sich der Eigenbedarf als nur vorgeschoben heraus, können Mieter die Widerspruchsfrist wieder aufleben lassen und eventuell sogar Schadenersatz beantragen. Grundlage dafür ist, dass der Vermieter durch den vorgeschobenen Kündigungsgrund seine vertraglichen und gesetzlichen Pflichten verletzt hat.
Auch wenn die Kündigungsfrist oder die Kündigung selbst formal falsch ist, kann diese angefochten werden. Allerdings sind Vermieter berechtigt, die Kündigung in korrekter Form zu wiederholen.
Tipp: Das Kündigungsschreiben zu ignorieren und einfach nicht auszuziehen, ist übrigens keine Lösung des Problems. Vermieter können in diesem Fall eine Zwangsräumung veranlassen. Der Wohnungswechsel ist damit also nur aufgeschoben.
Weitere Informationen zur Anfechtbarkeit lesen Sie in unserem Artikel „Die Kündigung vom Mietvertrag als Mieter anfechten“.
Kündigungsschutz in Härtefällen
Grundsätzlich haben Mieter eher überschaubare Möglichkeiten, um gegen eine Eigenbedarfskündigung anzugehen. Kann ein Mieter nicht nachweisen, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben ist, bleibt nur die Alternative eines Härtefallszenarios. Dann wird zwischen Mieter- und Vermieterinteressen abgewogen.
Gründe für die Anfechtbarkeit können sein:
- hohes Alter
- Schwangerschaft
- Krankheit
- Behinderung
- kein angemessener Ersatzwohnraum
Tipp: In der Regel kann eine Kündigung nicht komplett abgewendet, jedoch verzögert werden. Schon durch die Verlängerung der Kündigungsfrist oder ein Alternativangebot des Vermieters können für beide Parteien akzeptable Lösungen gefunden werden.
Fazit: Lassen Sie sich bei Eigenbedarfskündigung beraten
Wenn Sie als Mieter eine Kündigung Ihres Mietvertrages mit der Begründung Eigenbedarf erhalten, sollten Sie sich als Erstes mit Ihrem Vermieter in Verbindung setzen. Eventuell ergibt sich bei einem Gespräch eine Wohnalternative für den Vermieter oder für Sie. Bringt das Gespräch keine Lösung, stehen Ihnen die Schlichtungsbehörde sowie Mieterverbände zur Verfügung.
Als Vermieter sollten Sie vor der Kündigung mögliche Alternativen prüfen. Ist die Kündigung alternativlos, müssen alle formalen und inhaltlichen Voraussetzungen erfüllt sein. Gehen Sie davon aus, dass der Mieter sich gegen die Kündigung wehren wird. Können Sie den Eigenbedarf dann nicht belegen, ist die Kündigung unwirksam.