- Was bedeutet Pikettdienst?
- Kann der Arbeitgeber mich zum Pikettdienst zwingen?
- Ist mein Pikettdienst Arbeitszeit?
- Wie oft darf der Arbeitgeber mich zum Pikettdienst einplanen?
- Muss ich der Pikett-Planung meines Betriebes zustimmen?
- Habe ich Anspruch auf Entschädigung?
- Welche Ruhezeiten stehen mir zu?
- Fazit: Ein Pikettdienst ist nur für aussergewöhnliche Situationen erlaubt
Wenn sich Arbeitnehmende für Sondereinsätze in ihrem Schweizer Betrieb einsatzbereit halten müssen, nennt man dies Pikettdienst. Ein Unternehmen muss Einsätze frühzeitig und unter Mitwirkung der betroffenen Mitarbeitenden planen. Piketteinsätze und Bereitschaftsdienste dürfen zudem nicht dauerhaft erfolgen. Der Gesetzgeber schreibt Ruhezeiten und freie Tage vor. Bestimmte Personengruppen bleiben von der Einsatzplanung ausgenommen.
Was bedeutet Pikettdienst?
Wenn sich Arbeitnehmende in der Schweiz neben ihrem beruflichen Alltag für allfällige Arbeitseinsätze bereithalten, nennt man das Pikettdienst (Art. 14 ArGV 1). Dazu gehören die Hilfeleistung in Notsituationen, Behebung von Störungen, nicht planbare, unregelmässige Kontrollgänge und ähnliche ausserordentliche Störungen.
Wichtig: Die Erledigung normaler Arbeiten gehört nicht zum Pikettdienst. Auch nicht ausserhalb der vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten.
Kann der Arbeitgeber mich zum Pikettdienst zwingen?
Als Arbeitnehmender/Arbeitnehmende sind Sie verpflichtet, Pikettdienste innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu leisten. Voraussetzung ist, dass dies im Einzel- oder Gesamtarbeitsvertrag vereinbart wurde. Andernfalls darf der Arbeitgebende Sie nicht zum Piketteinsatz zwingen.
Da Sie bei Pikettverpflichtung jederzeit einsatzbereit sein müssen, kann das eine starke Einschränkung für Sie und ihre Familie darstellen. Daher erfordern kurzfristige Einsätze und Änderungen in der Pikettplanung für Arbeitnehmende mit Familie deren Zustimmung. Zudem muss der Arbeitgeber prüfen, ob eine andere Lösung für das Unternehmen möglich ist.
Bevor ein Unternehmen seine Arbeitnehmenden sonntags zu Piketteinsätzen verpflichtet, ist eine Bewilligung nach Art. 16 ff ArG erforderlich. Davon sind bestimmte Betriebe und Arbeitnehmende ausgenommen.
Für bewilligte Piketteinsätze an Sonntagen erhalten Arbeitnehmende je einen Ersatzruhetag. Dieser kann in der Woche vor oder nach dem Einsatz erfolgen. Pikettdienste bis zu 5 Stunden dürfen durch Freizeit ausgeglichen werden.
Wichtig: Blieb es bei der Bereitschaft, muss das Unternehmen keinen Ersatzruhetag gewähren. Dennoch dürfen Arbeitnehmende nicht solange auf Pikett sein, bis ein Einsatz stattfand. Der Sonntag gilt schon aufgrund der Bereitschaft nicht mehr als freier Tag. Da jedoch jeder zweite Sonntag nach Art. 20 ArG zur freien Verfügung stehen muss, ist dies in der Einsatzplanung entsprechend vorzusehen.
Wie unterscheidet sich Pikett zur Arbeit auf Abruf?
Während es sich beim Piketteinsatz um ausserordentliche und nicht planbare Einsätze handelt, werden über die Arbeit auf Abruf normale Schwankungen des Arbeitsvolumens aufgefangen. Letztere kann der Arbeitgebende auch über die Einbindung zusätzlichen Personals oder durch organisatorische Massnahmen kompensieren. Dafür stehen dem Unternehmen u. a. die Verlängerung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit (Art. 22 ARGV1) und der Überzeitarbeit (Art. 25 ARGV1) zur Verfügung.
Welche Regelungen gelten bei Pikettdiensten zu Hause?
Mitarbeitende können Piketteinsätze oder Pikettbereitschaften je nach Aufgaben auch ausserhalb des Unternehmens ableisten. Möglich sind beispielsweise Telefondienste, Arbeiten im Homeoffice oder Einsätze bei Geschäftspartnern, die Störungen an Anlagen zur gemeinschaftlichen Produktion haben.
Wichtig: Während innerbetrieblich alle Pikettaktivitäten als Arbeitszeiten gelten, unterscheidet der Gesetzgeber bei ausserbetrieblichem Pikett zwischen Einsatz- und Wegezeiten.
Ist mein Pikettdienst Arbeitszeit?
Piketteinsätze und Bereitschaftszeiten werden je nach Einsatzort unterschiedlich bewertet:
- Im Betrieb geleistete Pikettzeiten stellen Arbeitszeit dar (Art. 15 ArGV 1).
- Die wöchentliche Höchstarbeitszeit gemäss Art. 9 ArG muss in der Einsatzplanung berücksichtigt werden. Nur tatsächliche Piketteinsätze dürfen zu einem Überschreiten der Höchstarbeitszeit führen.
- Bei besonders kurzfristiger Pikettaufforderung (z. B. weniger als 15 Minuten Vorlaufzeit) Ist unklar, ob es sich um normale Arbeitszeit oder Pikettdienste handelt. Dann müssen die kantonalen Behörden darüber entscheiden (Art. 41 ArG).
- Erfolgt der Pikettdienst ausserbetrieblich, gelten nur tatsächlich geleistete Einsatzzeiten sowie erforderliche Wegezeiten als Arbeitszeit.
- Die Bestimmungen zur Tages- und Nachtarbeit sind auf den Pikettdienst nicht anwendbar. Auch die Regelung, dass Mitarbeitende an maximal sechs aufeinanderfolgenden Tagen arbeiten dürfen, entfällt bei Piketteinsätzen.
- Allerdings gelten die Regelungen zur Höchstarbeitszeit (Art. 9 ArG) und Überzeit (Art. 12 ArG) auch für Pikettdienstleistende. Das bedeutet, dass Piketteinsätze als Überarbeit zu behandeln und zu entlohnen sind. Dazu gehören auch Einsätze, die nachts oder an Sonntagen stattfinden.
Wie oft darf der Arbeitgeber mich zum Pikettdienst einplanen?
Arbeitnehmende dürfen nicht unbegrenzt zu Pikettdiensten eingeplant werden. Im Regelfall ist der Einsatz an höchstens sieben Tagen innert 4 Wochen erlaubt. In dieser Zeit sind unbegrenzt Einsätze möglich. In den darauffolgenden 2 Wochen sind keine Pikettdienste für dieselbe Person mehr zulässig. Das gilt übrigens auch, wenn während des Pikettdienstes gar kein Einsatz erfolgte.
Eine Verlängerung des Pikettdienstes auf 14 Tage innert 4 Wochen stellt eine zulässige Ausnahme dar, sofern diese beiden Voraussetzungen gemeinsam erfüllt sind:
- Für einen regulären maximal siebentägigen Piketteinsatz sind im Betrieb keine ausreichenden Personalressourcen vorhanden.
- Arbeitnehmende dürfen pro Kalenderjahr durchschnittlich höchstens 5 Piketteinsätze pro Monat leisten.
Wichtig: Zur Berechnung dieses Durchschnittswertes teilen Sie die tatsächlich geleisteten Piketteinsätze durch die Anzahl der Monate auf Pikett. Es dürfen zur Berechnung keine gesetzlichen Ferienzeiten herangezogen werden.
Muss ich der Pikett-Planung meines Betriebes zustimmen?
Pikettdienste und Bereitschaftszeiten dürfen Arbeitgebende nicht ohne die betroffenen Personen vorgeben. Vielmehr sind diese bei der Planung von Arbeitszeiten, Piketteinsätzen, Stundenplänen und Anpassungen beizuziehen (Art. 48 ArG).
Für alle Pikettdienste und deren Planung gilt:
- Sie müssen auch nach Abstimmung mit den betroffenen Mitarbeitern den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechen.
- Die Planung muss mindestens 2 Wochen vor dem Einsatztermin erfolgen. Diese Frist darf ein Unternehmen ohne zwingenden Grund nicht unterschreiten (Art. 69 ArGV 1).
- In den Ferien dürfen Mitarbeitende nicht zum Pikettdienst eingeplant werden.
Ausnahme: Mutterschutz
Von der Pikettplanung ausgenommen sind schwangere Frauen und stillende Mütter. Diese dürfen nach Art. 60 ArGV 1 nicht über die vereinbarte zulässige Arbeitszeit hinaus beschäftigt werden. Ein Pikettdienst entfällt somit für diese Arbeitnehmerinnen.
Habe ich Anspruch auf Entschädigung?
Während der Gesetzgeber klare Rahmenbedingungen zum Pikettdienst festgelegt hat, fehlen Aussagen über dessen Entlohnung. Da die Entschädigung privates Arbeitsrecht darstellt, bleibt sie Verhandlungssache zwischen Arbeitgebenden, Arbeitnehmenden und ggf. mitwirkenden Gewerkschaften.
In einigen Unternehmen ist der Pikettlohn bereits Bestandteil des Arbeitsvertrages. Ist das nicht der Fall, kann er frei ausgehandelt werden. Dabei muss die Entschädigung nicht der Höhe des vertraglichen Lohns entsprechen. Das gilt ebenso für die Vergütung der Bereitschaftszeit, in der Arbeitnehmende für Arbeitseinsätze auf Abruf stehen. Diese muss nach Urteil des Bundesgerichts in jedem Fall entlohnt werden (siehe BGE 124 III 249). Das kann auch in Form von mehr Ferien oder Freizeit erfolgen.
Findet ein Piketteinsatz nachts oder sonntags statt, haben Arbeitnehmende Anrecht auf den gesetzlichen Lohn- und Zeitzuschlag gemäss Art. 17 b ArG.
Tipp: Hinsichtlich Höhe, Zeitpunkt und weiteren Details zur Entschädigung lohnt sich ein Blick in den Arbeitsvertrag, den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder das Personalreglement.
Welche Ruhezeiten stehen mir zu?
Nach Art. 15a ArG ist die vorgeschriebene Ruhezeit von 11 Stunden verpflichtend. Die Unterbrechung durch Piketteinsätze ist jedoch zulässig. Können Mitarbeitende aufgrund solcher Unterbrechungen nicht durchgehend 4 Stunden ruhen, dürfen sie die gesetzliche Ruhezeit nachträglich beanspruchen.
Fazit: Ein Pikettdienst ist nur für aussergewöhnliche Situationen erlaubt
Die Trennung zwischen vertraglichen Arbeitszeiten und Pikettdiensten fällt manchen Unternehmen schwer. Bei spontaner Pikett-Einsatzbereitschaft unter 15 Minuten beispielsweise ist die freie Zeiteinteilung den Mitarbeitenden unmöglich. Dann müssen kantonale Behörden entscheiden, ob es sich tatsächlich um Pikettdienste handelt.
Die Planung muss mindestens 2 Wochen vor dem Einsatztermin gemeinsam mit den betroffenen Personen erfolgen. Der nächtliche oder sonntägliche Piketteinsatz ist dabei erlaubt, erfordert aber ebenfalls geplante Ruhezeiten und freie Tage.
Tipp: Prüfen Sie zuerst, ob Ihr Einzelarbeitsvertrag (EAV) oder ein gültiger Gesamtarbeitsvertrag (GAV) die Verpflichtung zur Pikettarbeit vorsieht. Wirken Sie bei der Planung mit, sodass die Belastung durch Einsätze für Sie und Ihre Familie moderat bleibt.