Für die Einen ist es der Traum schlechthin, für die Anderen eine Möglichkeit, sinnvoll zu investieren. Eine Immobilie gehört immer noch zu den beliebtesten Sparzielen der Schweizer. Doch was für den einen lässig erschwinglich ist, kann für den nächsten schon eine unüberwindliche Hürde darstellen. Wenn es dann noch eine Immobilie für das neu gegründete Start-up oder eine barrierefreie Senioren-WG sein soll, klappen die Verantwortlichen der Kreditinstitute blitzschnell ihre Laptops zu. Die benötigten sechs- bis siebenstelligen Summen lassen sich nicht mal eben aus dem Verwandten- oder Bekanntenkreis leihen. Was also tun?
Wieder mal kommt die anscheinend so simple wie logische Lösung aus Amerika: Crowdfunding, was so viel bedeutet wie Schwarmfinanzierung. Auch wenn diese Idee genau genommen gar nicht so neu, sondern fast eine Abwandlung des Pfadfindergedankens ist. Nur nicht kostenlos — denn hier wird eine gute Tat (meistens) vergütet. Doch das Prinzip ist ähnlich: Denn beim Crowdfunding unterstützen viele Menschen einige Wenige bei deren Projekten. Die Ideen können dabei aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen.
Zufalls-Gemeinschaft mit gleichem Ziel
Häufig wollen Gründer ein Start-up ins Leben rufen und brauchen dringend eine Anschubfinanzierung, die ihnen die Banken verwehren. Für die Realisierung von Filmen oder Büchern wird ebenfalls ein ausreichendes finanzielles Polster benötigt. Auch der Erwerb eines Mehrfamilienhauses durch die jetzigen Mieter kann viele Förderer auf den Plan rufen. Und manchmal sind es überraschende Projekte, wie der Shop für Elchmode aus Lappland, ein monumentales Gewächshaus für Erdbeeren oder der überflutete Kindergarten, dessen Sanierung die Gemeinde nicht übernehmen will.
Frei nach Friedrich Wilhelm Raiffeisens Erkenntnis: „Was der Einzelne nicht vermag, vermögen viele“, schafft Crowdfunding per Mausklick eine Gemeinschaft von Menschen, die sich noch nie gesehen haben und wahrscheinlich auch nicht begegnen werden. Es sei denn, sie kommen zur Einweihung „ihres“ Start-ups oder des mit ihrem Geld sanierten Kindergartens. Ansonsten bleibt die Finanzgemeinschaft im Hintergrund und zählt darauf, dass sich ihre Investition bezahlt macht. Denn vor allem die Aussicht auf eine hohe Rendite für einen vergleichsweise geringen Kapitaleinsatz lockt.
Ist das Projekt erfolgreich, erfreuen die vereinbarten Gewinnbeteiligungen, Zinsen, Provisionen und Boni ebenso wie unbezahlbare Prototypen, Erstausgaben oder Namensnennungen den Unterstützer. Bleibt der Erfolg jedoch aus, bleibt auch die Kasse meist leer. Nicht nur, was Zinsen und Boni betrifft, sondern auch hinsichtlich der investierten Summe. Ein Totalausfall droht.
Es empfiehlt sich daher, gerade bei grösseren Crowdfunding-Investments die Details des Projektes, wie Laufzeit und Finanzplan, beteiligte Personen oder Institutionen und alle Risiken intensiv durchzugehen.
Was versteht man unter Crowdfunding konkret?
„Das Crowdfunding“ gibt es nicht, denn Crowdfunding ist nicht gleich Crowdfunding. Vielmehr kennen wir unterschiedliche Ausprägungen und Leistungen:
1. Equity-based Crowdfunding
Besser bekannt als Crowdinvesting, ist Equity-based Crowdfunding eine Investitionsform mit finanzieller Gegenleistung. Meist erwirbt der Investor eine Beteiligung am Unternehmensgewinn oder an dessen Wertsteigerung. Hier steht also die Gewinnerzielung im Fokus. Oft wird zusätzlich eine Festverzinsung vereinbart.
Die Vereinbarung dieser Investments setzt meist ein partiarisches Nachrangdarlehen voraus.
Crowdinvesting hat im Immobiliensektor seinen Schwerpunkt (mehr hierzu weiter unten) sowie bei Start-ups, die neue Märkte erschliessen und ihren Wirkungskreis vergrössern wollen. Sie bauen auf die Risikofreude der Investoren. Diese wiederum setzen auf die möglicherweise hohen Renditen bei Erfolg der Massnahme.
2. Lending-based Crowdfunding
Hinter diesem sperrigen Begriff, im Sprachgebrauch nur Crowdlending genannt, steckt das Verleihen von Geld gegen Zinsen. Bedient werden dabei Unternehmens- oder Privatkredite. Die häufig vorhandene höhere Ausfallwahrscheinlichkeit, also ein gesteigertes Risiko des Projektes, wird mit höheren Zinsen abgegolten. Ein Kreditinstitut übernimmt die Abwicklung, wie Kreditvergabe, Auszahlung der Mittel und Rückzahlung. Dabei erfolgen Zins- und Tilgung in gleichbleibenden monatlichen Raten.
Diese Variante des Crowdfundings wurde in der Schweiz in den letzten Jahren die mit Abstand beliebteste Form der Schwarmfinanzierung. Klassische Anbieter für Crowdlending in der Schweiz sind lend oder cashare.
3. Reward-based Crowdfunding
Im Erfinderland des Crowdfundings dagegen, in Amerika, liebt man das Reward-based Crowdfunding besonders. Es findet sich bevorzugt im kreativen künstlerischen Bereich und kommt ohne Geld aus. Stattdessen setzt man auf Gegenleistung. Damit kommt es dem Urgedanken des Crowdfunding am nächsten. Statt finanzieller Mittel gibt es ein besonderes Merci, wie die Teilnahme am Projekt, also beispielsweise einem Film oder einem Buch, die Namensnennung als Sponsor oder schlicht ein Shirt mit Logo.
Reward-Based-Plattformen gibt es auch in der Schweiz. Zu nennen sind hier Crowdify oder lokalhelden. Wer also ein gemeinnützliges Projekt in der Schweiz unterstützen will, hat hier viele Möglichkeiten.
4. Donation-based Crowdfunding
Die am wenigsten kommerzielle Variante ist das Donation-based Crowdfunding. Es handelt sich um die Spenden-Variante, die meist für karitative Zwecke oder Vereine eingesetzt wird. Eine Gegenleistung erfolgt vereinbarungsgemäss nicht. Es ist jedoch zulässig, nach dem erfolgreichen Ende des Projektes ein interessantes „Danke“ mitzugeben und auf Wunsch eine Spendenquittung. Das Merci sollte dabei besonders sein, evtl. limitiert, und nicht an jeder Ecke erhältlich. Wenn es zudem individualisiert ist, fühlt sich der Unterstützer doppelt belohnt.
Dennoch sollten die Kosten im Fokus stehen, um die Spenden nicht über Mitbringsel aufzubrauchen. In Betracht kommen beispielsweise die Nennung als Sponsor oder die Einladung zu einer überraschenden Unternehmensführung nur für Spender. Nicht zulässig sind Gewinnspiele mit Geldpreisen oder die Abgabe von Aktien.
Crowdfunding in Immobilien — Investment mit Licht und Schatten
Es klingt nach einem einfachen und abgesicherten Investment. ´Crowdinvesting in Immobilien, online informiert, online abgeschlossen, im Grundbuch eingetragen. Das zeit- und nervenraubende Gespräch mit einer Bank entfällt. Unproblematisch und zeitsparend wird man Mitinhaber einer Immobilie, erhält Zinsen oder/und eine Gewinnbeteiligung. Die Verwaltung des Objektes übernimmt ein anderer.
So stellt sich die Sicht von Kleinanlegern häufig dar. Dabei ist vielen Investoren nicht bewusst, dass es in der Regel nur deshalb ein Crowdinvesting für dieses Projekt gibt, weil Kreditinstitute die damit verbundenen Risiken nicht eingehen wollten. Sie werden auf den Webseiten und in den Verkaufsunterlagen der Vermittlungsplattformen oft nicht ausreichend deutlich gemacht. Ist der Kunde nicht vom Fach, sind ihm beispielsweise die Nachteile eines partiarischen Nachrangdarlehens kaum bekannt. Er wiegt sich in Sicherheit, schliesslich ist er doch (meist) im Grundbuch des Objektes eingetragen.
Stimmt. Damit bestehen tatsächlich Forderungen des Kleininvestors gegen den Bauherrn. Diese stehen in der Rangfolge jedoch zwischen Eigen- und Fremdkapital und sind nachrangig eingetragen. Dies bedeutet, dass erstrangig eingetragene Gläubiger vorgehen, beispielsweise Kreditinstitute. Kommt es also zur Insolvenz, werden zuerst Kreditinstitute und andere erstrangige Gläubiger befriedigt. Meist bleibt danach nichts mehr zum Verteilen an die Kleinanleger. Zudem gibt es — anders als bei klassischen Anlagemodellen — keine Einlagensicherung.
Aufmerksam sollten Sie auch (unüblich hohe) Renditeberechnungen betrachten. Im Regelfall erhalten Sie nämlich für Ihr Investment einen Anteil am Gewinn, wobei zusätzlich meist eine Festverzinsung vereinbart wird. Erweist sich der Gewinn jedoch geringer als in der Musterberechnung veranschlagt, schmälert sich auch die in Aussicht gestellte Rendite deutlich.
Zu positiv sehen viele Kleinanleger ausserdem ihren Status als Miteigentümer. Zwar dürfen sie Verbesserungsvorschläge machen und erhalten die jährlichen Geschäftsberichte, ein rechtlicher Anspruch auf Mitsprache besteht jedoch nicht.
Zu guter Letzt: Eine vorzeitige Möglichkeit der Kündigung besteht nicht. Der Investor ist in der Regel gezwungen, bis zum Ende der Laufzeit am Projekt festzuhalten. Je nach vorliegenden Bedingungen ist der Verkauf an einen ebenfalls im Projekt aktiven Investor möglich.
Das Crowdfunding für Immobilien erlebte in der Schweiz in den letzten Jahren starke Zuwächse. Plattformen gibt es hierfür zudem einige, zu nennen sind hier Crowdhouse oder crowdli.
Wichtig: Bleiben Sie kritisch
Bevor Sie sich für ein spannendes und innovatives Crowdfunding-Projekt entscheiden, hinterfragen Sie das Angebot:
- Warum wird das benötigte Kapital nicht bei einer Bank eingeholt?
- Haben Kreditinstitute Anfragen dazu bereits abgelehnt?
- Ist ein Start-up womöglich schon überschuldet?
- Sind Standort, Zielgruppe, Architektur und Finanzplan einer Immobilie tragfähig?
- Wie ist ein angenommener Gewinn in der beworbenen Rendite eingepreist?
Suchen Sie vor Ihrer Entscheidung Antworten auf all diese Fragen — in schriftlicher Form. Lassen sie sich nicht mit unbelegten Aussagen von Mitarbeitern ablenken. Bewahren Sie die Unterlagen über das Projekt hinaus gut auf.
Setzen Sie zudem Ihre Investitionsmittel für verschiedene Projekte ein, um einen Schaden im Worst Case zu begrenzen. Denn gerade bei Crowdinvesting in Immobilien ist ein Totalverlust möglich und sollte vom Kleinanleger eingeplant sein. Wer über Ausfallrisiken lieber nur als unbeteiligter Dritter liest, sollte sich anderen Investments zuwenden.
Wen das alles jetzt so richtig neugierig macht, der sollte diese Tipps berücksichtigen:
- Steigen Sie mit kleinen Summen ein.
- Testen Sie unterschiedliche Plattformen und Projekte.
- Legen Sie nach Ihren Erfahrungen Mindestkriterien fest, die ein Projekt für Sie erfüllen muss. So werden Sie sukzessive souveräner im Einsatz Ihrer Mittel.
- Beobachten Sie geduldig, wie sich Ihre Investments entwickeln.
- Setzen Sie sich am besten eine Investmentgrenze, bis zu deren Erreichen ein Verlust für Sie tragbar wäre.
- Auch mit der Kombination von Crowdfunding und der Blockchain-Technologie sollten Sie sich vertraut machen. Denn länderübergreifend können Sie Investitionen in Kryptowährungen in Immobilien vornehmen und Gewinne in Kryptowährungen erhalten.
Liste aller Crowdfunding Plattformen in der Schweiz
Es gibt mittlerweile zahlreiche Crowdfunding-Plattformen in der Schweiz mit verschiedensten Ansätzen. Bevor Sie Geld investieren ist es ratsam, sich über die verschiedenen Anbieter zu informieren, um den/die passendsten für Sie zu finden:
Im Ausland gibt es zudem viele weitere Anbieter, die wohl bekanntesten bzw. beliebtesten bei den Schweizern sind folgende:
Plattform | Website |
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GoFundMe | www.gofundme.com |
Indiegogo | www.indiegogo.com |
Kickstarter | www.kickstarter.com |
KissKissBankBank | www.kisskissbankbank.com |
Companisto GmbH | www.companisto.com |
Startnext | www.startnext.com |
Wemakeit | www.wemakeit.com |