Das Eheschutzverfahren einfach erklärt

Eheschutzverfahren

Sind sich beide Ehepartner über die Folgen einer Trennung uneinig oder entzieht sich ein Partner einer Lösungsfindung, können Sie ein Eheschutzbegehren einreichen. Das zuständige Gericht regelt im Eheschutzverfahren unter Mithilfe der Partner die Folgen des Getrenntlebens. In Notfällen können die Massnahmen vorab ohne Befragung des Ehepaares getroffen werden.

Ist bereits ein Scheidungsantrag eingereicht worden, kann kein Eheschutzverfahren mehr erfolgen. Erfahren Sie wie das mündliche Verfahren bei Gericht abläuft und mit welchen Kosten Sie rechnen sollten.

Was ist ein Eheschutzverfahren?

Der Begriff Eheschutzverfahren geht vom Schutz und der Stärkung der Ehe aus. Meist werden gerichtliche Anordnungen von Eheschutzmassnahmen durch einen Ehepartner gefordert, wenn es zu scheinbar unlösbaren Problemen in der Partnerschaft kommt.

Nach Art. 172 ff. ZGB hört das Gericht beide Ehepartner an und versucht eine Einigung über die zu klärenden Punkte zu erzielen. Das Ergebnis kann eine Ermahnung, die Festsetzung von Unterhaltspflichten oder die Empfehlung der Bearbeitung strittiger Themen mit einem Mediator sein.

Meist ist das Ziel allerdings nicht der Erhalt einer Ehe, sondern die Bewilligung des Getrenntlebens und seiner Folgen. Dazu gehören nach Art. 175 ff ZGB der Verbleib in der Wohnung, das Unterhaltsrecht und Fragen rund um Kinder sowie mögliche Schulden.

Welche Voraussetzungen bestehen für ein Eheschutzverfahren?

Neben dem Einreichen eines schriftlichen oder mündlichen Gesuchs müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

Ein Eheschutzverfahren ist u. a. möglich, wenn einer der Eheleute seine familiären Pflichten vernachlässigt oder Uneinigkeit in wichtigen Angelegenheiten der Ehe besteht. Darunter fallen eheliche Untreue, mangelnde Rücksichtnahme in der Ausübung des Berufs, fehlende gegenseitige Information und Unterstützung etc.

Selbstverständlich genügt eine einmalige Nichterfüllung der Pflichten und Verabredungen nicht. Der Mangel muss schon erheblicher Natur sein. Bei einem Konflikt erheblicher Natur kann es sich auch um Abhängigkeiten von Alkohol oder Drogen sowie um häusliche Gewalt handeln.

Beteiligt sich ein Ehepartner nicht am Familienunterhalt, besteht für den Partner ebenfalls die Möglichkeit, das Gericht um Unterstützung anrufen.

Wann ist ein Eheschutzverfahren verzichtbar oder unzulässig?

Hat das Ehepaar sich geeinigt, wie es die Partnerschaft und den gemeinsamen Haushalt auflösen möchte, ist ein Eheschutzverfahren nicht zwingend notwendig. Vor allem, wenn keine minderjährigen Kinder vorhanden sind, muss auch kein gerichtliches Verfahren eingeleitet werden. Dann genügt es, wenn die Folgen der Trennung in einer gemeinsamen Trennungsvereinbarung festgehalten sind.

Gibt es minderjährige Kinder, muss die Trennungsvereinbarung gerichtlich genehmigt werden. Erst dann sind die Vereinbarungen bezüglich Obhut, Besuchsrecht, Kindesaufenthalt etc. rechtlich durchsetzbar.

Sobald eine Scheidung beantragt wurde, darf kein Eheschutzverfahren mehr eingeleitet werden (Art. 276 ZPO). Ist sich das Ehepaar unsicher, ob es ein Eheschutzverfahren einleiten sollte oder darf, kann das zuständige Bezirksgericht am Wohnort (Art. 23 ZPO) befragt werden.

Wird dort die Einleitung eines Eheschutzverfahrens empfohlen, findet dieses grundsätzlich in mündlicher Verhandlung vor einem Einzelrichter statt.

Worin besteht der Unterschied zur Scheidung?

Das Eheschutzverfahren ist keine Voraussetzung für eine Scheidung, bildet aber immer häufiger die Vorstufe dazu. Im Unterschied dazu werden keine Regelungen zur Vermögensaufteilung oder über den Unterhalt getroffen.

Die Aufgabe des Eheschutzverfahrens ist es vielmehr, die Trennungsphase bis zur Scheidung zu regeln. Eheliche Rechtswirkungen haben trotz eines Eheschutzverfahrens vollumfänglich Bestand. Das gilt auch für das gegenseitige Erbrecht, das sich erst mit einer rechtsgültigen Scheidung ändert.

Wie leite ich ein Eheschutzverfahren ein?

Ein Eheschutzbegehren kann von den Eheleuten gemeinsam oder einem der beiden Partner gestellt werden. Beispielsweise dann, wenn sich die Eheleute nicht einigen können oder sich einer der Partner einer Einigung entzieht.

Die Einleitung des Verfahrens erfolgt schriftlich mittels Formular oder mündlich beim zuständigen Bezirksgericht. Enthält das Gesuch eine Begründung, wird es der Gegenpartei zwecks Stellungnahme zugeschickt. Aufgrund der Stellungnahme lädt das Gericht im Regelfall die Gegenpartei zur Verhandlung vor.

Falls eine Notfallsituation vorliegt, die schnelles Handeln erfordert, kann eine einstweilige Eheschutzmassnahme ohne Anhörung des anderen Ehepartners erfolgen. Die Anhörung wird später nachgeholt. Das ist beispielsweise in Fällen häuslicher Gewalt und akuter Bedrohung möglich. Dabei müssen Gewaltaktivitäten und Bedrohung nachgewiesen werden.

Ist dies erfolgt, brauchen Sie weder einen schriftlichen Antrag zu stellen, noch die Sprechstunden des Bezirksgerichts einzuhalten. Vielmehr können Sie in dieser besonderen Situation persönlich beim zuständigen Gericht erscheinen.

Ist für das Eheschutzbegehren ein Anwalt notwendig?

Falls Sie einen Anwalt hinzuziehen möchten, sollten Sie diesem vor dem Termin bei Gericht Ihr Mandat übertragen. Grundsätzlich können Sie an einem Eheschutzverfahren auch ohne anwaltliche Unterstützung teilnehmen.

Entscheiden Sie jedoch gut überlegt, ob sich der Einsatz eines versierten Fachanwalts gerade in komplexen Eheschutzverfahren nicht lohnt. Ist Ihnen kein Fachanwalt in der Nähe bekannt, kontaktieren Sie den Schweizerischen Anwaltsverband. Gerichte dürfen keine anwaltlichen Empfehlungen abgeben.

Welche Massnahmen können gerichtlich angeordnet werden?

Können sich die Eheleute nicht über das Getrenntleben und deren Folgen einigen, entscheidet das Gericht über offene Fragen zu diesen Punkten:

Trennung

Das Eheschutzgericht bewilligt eine unbefristete oder befristete Trennung (Art. 175 ZGB). In den meisten Fällen wird eine Trennung auf unbestimmte Zeit ausgesprochen.

Bei befristeten Trennungen entfallen die Eheschutzmassnahmen nach Fristablauf. Ist die Trennung dann noch nicht vollzogen, muss sich der geschädigte Partner erneut an das Eheschutzgericht wenden. Daher ist eine Befristung nicht empfehlenswert und wird nur selten angeordnet.

Wohnungszuteilung

Hierbei geht es um den Verbleib der ehelichen Wohnung, des Inventars und Hausrats (Art. 176 ZGB). Das Gericht prüft, wer der beiden Ehepartner stärker auf die Wohnung angewiesen ist. Dem auszugspflichtigen Partner wird im Regelfall eine überschaubare Frist von wenigen Wochen bis Monaten gesetzt.

In Notfällen bei häuslicher Gewalt verfügt das Gericht den sofortigen Auszug des Partners. Dabei muss der ausziehende Partner seine Schlüssel sofort vollständig abgeben. Zudem kann das Gericht In diesem Fall ein Zutritts-, Kontakt- oder Rayonverbot (Art. 28b, 172 ZGB) erlassen.

Elterliche Sorge

Darunter versteht man die Regelung über den Verbleib der minderjährigen Kinder, das Besuchsrecht und die Betreuungsanteile (Art. 176 ZGBArt. 298 ZGB). Trotz der Bewilligung der Trennung behalten üblicherweise beide Ehepartner gemeinsam das Sorgerecht. Nur in begründeten Ausnahmefällen verbleibt die elterliche Sorge bei einem Elternteil.

Kindesschutzmassnahmen

Zu den Kindesschutzmassnahmen gehören die Ernennung eines Kindesbeistands und Weisungen an Eltern bzw. Beistand. Im Rahmen der Kindeschutzmassnahmen kann den Erziehungsberechtigten die Obhut und die elterliche Sorge entzogen werden.

Unterhaltsrecht

Das Gericht entscheidet über die Unterhaltsverpflichtung rückwirkend bis 12 Monate vor Einreichen des Eheschutzbegehrens und für die Zukunft.

Bezahlt einer der Partner nicht, kann das Gericht eine Anweisung an den säumigen Schuldner aussprechen oder eine Verfügungsbeschränkung erlassen und die Gütertrennung anordnen.

Häusliche Gewalt

Das sogenannte superprovisorisches Eheschutzbegehren soll dem Partner und den Kindern gegenüber Schutz und Rückhalt bei Gewalt bieten. Jegliche Form der Körperverletzung, ob einmalig oder wiederholt, wird strafrechtlich verfolgt. Das Gewaltschutzgesetz lässt eine Sofortmassnahme durch die Polizei zu. Gerichte können Strafanzeige stellen, auch wenn das Opfer keine Bestrafung fordert.

Dieses Begehren sollten Sie mit einer Opferhilfestelle oder einem Anwalt vorbereiten. Beraten lassen können sich sowohl von Gewalt betroffene wie auch zur Gewalt neigende Personen.

Erlittene Gewaltanwendung oder erfolgte Bedrohungen sollten Sie mithilfe dieser Unterlagen nachweisen:

  • Aussagekräftige Atteste, Fotos über festgestellte Verletzungen, Aufenthalte in Frauenhäusern
  • Polizeiliche Protokolle und ggf. Schutzverfügung gem. 28 ZGB
  • Schriftliche Drohungen und Auskünfte von Beteiligten oder Augenzeugen
  • Auskünfte von Lehrern, Hortleitern, Trainern in Vereinen über Äusserungen der Kinder

Wie urteilt das Eheschutzgericht?

Das Ziel des Eheschutzverfahrens ist, dass die Ehepartner zu einer Einigung in ihren strittigen Punkten kommen. Das Gericht arbeitet dazu einen Vereinbarungsvorschlag aus, der den Eheleuten unterbreitet wird.

Nehmen die Partner den Vorschlag an, besteht eine Volleinigung. Kommt es in einigen Punkten trotzdem zu keiner Annäherung, anerkennt das Gericht dies als Teil-Konvention.

Über die offengebliebenen Punkte entscheidet nun das Gericht verbindlich.

Was sollte ich für ein Eheschutzverfahren vorbereiten?

Wenn Sie ein Eheschutzbegehren einleiten, sollten Sie eine ganze Reihe an Unterlagen bereithalten, die meist auch als Kopien akzeptiert werden:

  • Familienbuch
  • Lohnausweise Ehefrau und Ehemann
  • Ausländerausweis
  • Belege der Hypothekarzinsabrechnung
  • Belege der Verbindlichkeiten, Leasingverträge und Steuerschulden
  • Mietvertrag und Nachweise der Nebenkosten
  • Krankenkassenpolice aller Familienmitglieder
  • Unterlagen, Protokolle und Fotos zu Gewalttätigkeiten (siehe Eheschutzbegehren bei häuslicher Gewalt)

Wie lange dauert ein Eheschutzverfahren?

Je umfangreicher das Eheschutzverfahren vorbereitet wird und je mehr sich die Ansichten der Partner überschneiden, desto schneller kann das Gericht über strittige Punkte entscheiden.

Neben den Unterlagen sollten sich die Ehepartner vorab mit diesen Fragen befassen:

  • Wer soll die Wohnung übernehmen?
  • Wer übernimmt die Obhut für die Kinder?
  • Wie soll das Besuchsrecht geregelt werden?
  • Ist der Ehegatte unterhaltsberechtigt?
  • Wie viel Unterhalt muss der besserverdienende Partner für Kinder und Ehepartner leisten?
  • Welche Verbindlichkeiten gibt es und wer übernimmt diese?
  • Wie werden Hausrat und Fahrzeuge aufgeteilt?
  • Wer trägt die Gerichtskosten?
  • Besteht die Gefahr der Vermögensverschleuderung durch einen Ehegatten (Notwendigkeit von Gütertrennung)?

Was gibt es zu beachten und welche Risiken gibt es?

Kosten für ein Eheschutzverfahren

Was Sie ein Verfahren vor dem Eheschutzrichter kostet, ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. In jedem Fall werden Aufwand, Komplexität und Vermögensverhältnisse bei der Berechnung berücksichtigt.

Die Kosten können schon bei einem überschaubaren Verfahren bis zu 3.000 CHF betragen. Derjenige Ehepartner, der mit seinen Kritikpunkten im Eheschutzverfahren unterlag, trägt die Kosten. Hat dieser kein eigenes Einkommen, muss der verdienende Partner die Kosten tragen. Fehlt auch hier das Geld und handelt es sich um einen komplexen Fall, kann Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege gestellt werden.

Tipp: Prüfen Sie vor Einreichung des Eheschutzbegehrens, ob das Gericht einen Vorschuss für die Gerichtskosten verlangt. Das liegt im Ermessen des Gerichts und wird von Kanton zu Kanton unterschiedlich gehandhabt.

Bestehende Vereinbarungen im Eheschutzverfahren

Hat das Ehepaar bereits zu einem früheren Zeitpunkt gegenseitig Vereinbarungen getroffen, ist das Gericht nicht an diese gebunden. Massgeblich ist die Beurteilung der aktuellen Situation, beispielsweise hinsichtlich des Kindeswohls, in Unterhaltsfragen oder betreffend der Wohnungszuteilung.

Anfechtbarkeit des Ergebnisses eines Eheschutzverfahrens

Zwar lässt sich das Gerichtsurteil weiterziehen, allerdings wird diese Möglichkeit kaum genutzt. In den allermeisten Fällen endet das Eheschutzverfahren mit einem gemeinschaftlich getroffenen Vergleich. Versucht ein Ehepartner diesen Vergleich im Nachhinein anzufechten, wäre dies wenig erfolgreich.

Fazit: Ein Eheschutzverfahren ebnet den Weg zu Trennung und Scheidung

Während die meisten Gespräche zwischen Ehepartnern in der Trennungsphase eher durch Emotionen geprägt sind, läuft ein Eheschutzverfahren sachlich und unvoreingenommen ab. Wer in seiner Ehe den Eindruck gewinnt, gemeinsam nicht zu einer Einigung zu kommen, kann sich durch das Gericht einen Vereinbarungsvorschlag ausarbeiten lassen. Allerdings sind die Kosten für diese gerichtliche Unterstützung nicht unerheblich. Ehepaare ohne Kinder sollten daher versuchen, sich ohne Eheschutzverfahren eine Trennungskonvention zu erarbeiten.