Sie werden vor oder während der Ferien krank oder haben einen Unfall? Meist schreibt Sie Ihr Arzt dann arbeitsunfähig. Bedeutet das gleichzeitig die Ferienunfähigkeit, haben Sie als Arbeitnehmender Anspruch auf Nachgewährung der Ferientage. Aber nicht jeder, der arbeitsunfähig ist, ist auch ferienunfähig. Wann Sie Anspruch auf Feriennachbezug oder Verschiebung der Ferientage haben und welche Besonderheiten Sie bei einem Unfall kennen sollten, erfahren Sie hier.
Was bedeutet Ferienunfähigkeit?
Denken Sie auch, wer krank ist oder einen Unfall hatte, kann seine Ferien nicht wie geplant geniessen und ist folglich ferienunfähig? Das kann so sein, muss es jedoch nicht. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen Arbeitsunfähigkeit und Ferienunfähigkeit. Beides ist wichtig, wenn Sie Ihre Ferientage wegen einer Erkrankung oder eines Unfalls später nehmen möchten.
Es gilt: Erst wenn Sie vom Arzt als arbeitsunfähig und ferienunfähig zugleich eingestuft werden, haben Sie darauf Anspruch.
Gründe für Arbeitsunfähigkeit:
- psychische und physische Erkrankungen
- Unfälle
Wer anderweitig verhindert ist, zur Arbeit zu erscheinen, gilt nicht unbedingt als arbeitsunfähig. Diese Gründe einer Arbeitsverhinderung werden beispielsweise nicht anerkannt:
- Verkehrszusammenbrüche und Strassensperren
- Lawinenniedergänge, Überschwemmungen und Eisregen
- Vulkanausbruch und Flugverbot
- Seuchen oder Pandemien
- Stromausfall
Unterschied zwischen Arbeits- und Ferienunfähigkeit
Angenommen Sie erkranken. Das kann bereits vor dem geplanten Antritt der Ferien passieren und in den Ferienzeitraum wirken oder während der Ferien. Ihr Arzt teilt Ihnen mit, dass Sie vorerst arbeitsunfähig sind. Damit sind Sie jedoch nicht zwingend auch ferienunfähig.
Ein Beispiel: Sie wollten in den Ferien Mountainbikefahren oder Segeln gehen und sind daran nun gehindert? Kein Grund für Ferienunfähigkeit. Per Gesetz sind die Ferien dazu da, um sich von der Belastung durch die berufliche Tätigkeit zu erholen. Dazu bedarf es laut gerichtlicher Auffassung keine sportlichen Aktivitäten, sondern Schlaf und Ruhephasen sowie Spaziergänge.
Erst wenn diese Voraussetzungen einer Erholung aufgrund von Schmerzen oder sonstigen Umständen nicht erfüllt werden können, sind Sie ferienunfähig. Massgeblich sind dabei die Dauer der Beeinträchtigung und deren Intensität. Sind Sie nur teilweise ferienunfähig, haben Sie auch nur Anspruch auf einen anteiligen Feriennachbezug.
Als Gründe für Ferienunfähigkeit gelten nicht:
- Sonnenbrand
- Magenverstimmung und Katarr
- Knöchel-Verstauchung
- Kopfweh und Zahnschmerzen
- Unwohlsein
Wichtig: Treten Sie trotz Arbeitsunfähigkeit Ihre Ferien an, darf der Arbeitgeber grundsätzlich von einer Ferienfähigkeit ausgehen. Lesen Sie hier mehr zum Thema Ferienanspruch.
Anspruch auf Feriennachbezug oder Verschiebung?
Hat Ihr Arzt bestätigt, dass eine Erholung aktuell nicht möglich ist, gilt folgende Unterscheidung:
Verschiebungsrecht
Haben Sie bereits vor Ferienantritt einen Unfall oder erkranken Sie und die Folgen wirken in den Ferienzeitraum hinein, haben Sie ein Recht auf Verschiebung.
Dafür sollten Sie sich das Arbeitsangebot nach Genesung sichern, auch wenn der ursprünglich geplante Ferienzeitraum noch nicht abgelaufen ist. Andernfalls müssen Sie die noch nicht genommenen Ferientage in Anspruch nehmen, obwohl Sie nach der Erkrankung die restlichen Tage gerne später nutzen möchten.
Sie sollten daher frühzeitig mit dem Arbeitgeber abstimmen, ob Sie nach entsprechendem Fortschritt der Genesung schon Ihre Teilarbeitskraft im Betrieb einsetzen können. Das muss nicht in Ihrem gewohnten Tätigkeitsbereich sein.
Feriennachbezug oder -verlängerung
Bestätigt der Arzt Ihnen die Ferienunfähigkeit während Sie bereits in den Ferien sind, haben Sie Anspruch auf Nachgewährung. Da Sie sich in diesem Fall an den Tagen Ihrer Erkrankung nicht erholen konnten, kann die Ferienunfähigkeitsdauer an den eigentlichen Ferienzeitraum angehängt werden. Dazu bedarf es allerdings der Zustimmung des Arbeitgebers, da er das Ferienbestimmungsrecht hat.
Erfordern die Abläufe im Betrieb Ihre Anwesenheit kann der Arbeitgeber die Verlängerung verweigern. Gründe dafür sind beispielsweise der Ferienbeginn anderer Mitarbeiter oder ein saisonal ansteigender Geschäftsbetrieb.
Lehnt der Arbeitgeber die Ferienverlängerung ab, muss der Arbeitnehmer zum ursprünglich geplanten Ferienende in den Betrieb zurückkehren. Ist ihm das aufgrund der Erkrankung oder des Unfalls nicht möglich, muss er die Arbeit wieder aufnehmen, sobald er kann.
Für den Anspruch auf Feriennachbezug und Lohnfortzahlung müssen Sie Ihren Arbeitgeber rechtzeitig und korrekt informiert haben.
Meldung der Krankheit beim Arbeitgeber
Zur korrekten Benachrichtigung des Arbeitgebers gehört es, dass der Arbeitnehmer diesen bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit informiert. Falls der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, zu kommunizieren, sollte dies eine weitere Person, beispielsweise ein Angehöriger, erledigen.
Damit hat der Arbeitnehmer gleichzeitig seinen Lohnbezug gesichert, der ihm nach Art. 324a Abs. 2 OR zu 100 % zusteht. Voraussetzung ist, dass er seit mindestens 3 Monaten im Unternehmen tätig und der Arbeitsvertrag länger als 3 Monate gültig ist.
Die mündliche oder schriftliche Information per E-Mail oder SMS reicht dazu nicht aus. Auch das Arztzeugnis genügt nicht, da es im Normalfall keine Auskunft über die Ferienunfähigkeit gibt. Stattdessen sollte der Arzt von seiner Schweigepflicht entbunden werden, um dem Arbeitgeber Auskünfte über die Ferienunfähigkeit zu geben.
Versäumt der Mitarbeiter es, seinen Betrieb über den Unfall oder die Erkrankung zu informieren, darf der Arbeitgeber ihn mündlich oder schriftlich auffordern, zur Arbeit zu erscheinen. Meldet sich der Arbeitnehmer nicht, darf der Betrieb die Lohnzahlung stoppen.
Korrektes Arztzeugnis ist Pflicht
Grundsätzlich gilt: Wenn Ihre Arbeitsunfähigkeit nicht zweifelsfrei nachgewiesen wird, können Sie nicht ferienunfähig sein. Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit wirft jedoch häufig Fragen auf. Sie sollten Wert darauf legen, dass Ihr Arztzeugnis alle notwendigen Daten und Unterschriften enthält. Schliesslich sind Sie als Arbeitnehmender dafür verantwortlich, dass Ihre Arbeitsunfähigkeit belegt ist.
Vorsicht Fehler!
Achten Sie bei einer Arztbescheinigung darauf, dass keine Fehler vorliegen. Dies können formale oder inhaltliche Fehler sein:
- Bescheinigung wurde ohne Untersuchung ausgestellt
- Unterschrift des behandelnden Arztes fehlt
- Bescheinigung ist mehr als 2 Tage rückdatiert (Rückdatierung ist nur bis zu 2 Tagen zulässig)
- Arztbescheinigung ist eine Kopie
- fehlende Daten wie Ausstellungsdatum und Behandlungsdatum
- Patient kann nicht einwandfrei identifiziert werden
- manuelle Ergänzungen
- ausstellender Arzt ist auf eine andere Fachrichtung spezialisiert
- mehrere sich widersprechende Arztbescheinigungen
- Bescheinigung sagt nichts über die Ferienunfähigkeit aus
Vermeiden Sie ausserdem Situationen, die das Misstrauen des Arbeitgebers wecken könnten. Das kann passieren, wenn Sie nicht zu Hause anzutreffen sind, obwohl Sie nach Ihren Angaben bettlägerig erkrankt seien. Misstrauen schafft auch die Bestätigung eines Arztes, der für Gefälligkeitszeugnisse bekannt ist oder die Weigerung, den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden. Skepsis schafft zudem die Vorankündigung einer anstehenden Arbeitsunfähigkeit.
Nicht weniger überraschend ist es, wenn Sie trotz Arbeitsunfähigkeit einen Angehörigen pflegen oder bei einem Mitbewerber anzutreffen sind.
Gelten auch ausländische Arztzeugnisse?
Die Bescheinigung eines ausländischen Arztes ist ebenfalls zulässig. Dabei sollten die Voraussetzungen wie Vollständigkeit der Angaben, aktuelles Ausstellungsdatum und Unterschrift des Arztes erfüllt sein.
Was ist mit der ärztlichen Schweigepflicht?
Um die Skepsis Ihres Arbeitgebers auszuräumen, können Sie Ihren Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Dabei wird selbstverständlich keine konkrete Diagnose preisgegeben, sondern lediglich die Ferienunfähigkeit geklärt.
Der Arbeitgeber hat im Zweifelsfall das Recht, die Untersuchung durch einen Vertrauensarzt zu fordern. Dessen Ergebnisse dürfen dem Arbeitgeber ebenfalls nicht im Detail mitgeteilt werden. Auch hier gilt: Die genaue Diagnose gehört zur Privatsphäre des Mitarbeiters.
Besonderheiten bei einem Unfall
Auch nach einem Unfall ist Ihnen womöglich keine Erholung möglich. Daher haben Sie unter Umständen Anspruch auf das Nachholen der Ferien. Zwingende Voraussetzung dafür ist, dass der Unfall nicht durch Sie verschuldet wurde.
Ein Beispiel:
Standen Sie während der Fahrt mit dem Fahrrad unter Alkohol oder Drogen und haben dadurch in den Ferien einen Unfall verursacht, besteht kein Anspruch auf Nachbezug der Ferientage. Falls Sie nach den Ferien weiterhin arbeitsunfähig sind, kann der Arbeitgeber Ihren Ferienanspruch stattdessen sogar kürzen.
Das Obligationenrecht führt dazu eine Frist von einem Monat Arbeitsunfähigkeit auf. Können Sie nach dieser Zeit wegen einem selbst verschuldeten Unfall nicht wieder arbeiten, kann der Arbeitgeber den Ferienanspruch kürzen: für jeden Monat der Arbeitsunfähigkeit um ein Zwölftel.
Haben Sie den Unfall nicht selbst verschuldet, darf Ihr Ferienanspruch erst ab dem zweiten Monat der Arbeitsunfähigkeit gekürzt werden. Bei 50 %iger Arbeitsunfähigkeit verlängert sich diese Karenzzeit auf 4 Monate.
Erfahren Sie alles Wichtige zum Thema Ferienkürzung bei Krankheit.
Fazit: Feriennachbezug ist nicht selbstverständlich
Eine Erkrankung vor oder während der lang ersehnten Ferientage ist ärgerlich. Wenn neben der Arbeitsunfähigkeit auch die Ferienunfähigkeit bescheinigt ist, muss der Arbeitgeber die verlorenen Ferientage nachgewähren.
Bei einem Unfall ist massgeblich, ob der Arbeitnehmer diesen selbst verschuldet hat. Ist dies der Fall, steht ihm weder eine Nachgewähr der Ferientage noch eine Lohnfortzahlung zu.
Besonders wichtig ist bei der Frage, ob der Arbeitnehmer ferienunfähig ist, das Arztzeugnis. Dieses sollte nicht nur die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen, sondern explizit bestätigen, dass aktuell keine Erholung möglich ist. Bei Bedarf können Sie zusätzlich Ihren Arzt von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber entbinden.