- Darf ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern bei Krankheit kündigen?
- Welche Sperrfristen gelten in der Schweiz?
- Darf ein Arbeitnehmer während seiner Erkrankung kündigen?
- Welche Folgen hat es, wenn der Mitarbeiter kein ärztliches Attest vorlegt?
- Welchen Anspruch an Taggeld kann der gekündigte Arbeitnehmer geltend machen?
Haben Sie sich auch schon gefragt, ob Ihr Arbeitgeber Ihnen kündigen darf, wenn Sie krank sind? Die Antwort lautet: Unter Umständen ja, denn es kommt auf den Zeitpunkt und die Details an.
Hier erfahren Sie, wann die Kündigung wirksam ist und wann sie eine Chance auf Weiterbeschäftigung oder Wiedereinstellung haben. Auch was Sie tun müssen, um Taggelder der Arbeitslosenversicherung zu erhalten, erfahren Sie hier. Selbstverständlich ersetzen unsere Informationen keine Rechtsberatung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Darf ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern bei Krankheit kündigen?
Grundsätzlich ja. Es kommt jedoch darauf an, ob der Arbeitnehmer noch in der Probezeit ist oder nicht. Denn in der Probezeit kann der Arbeitgeber jederzeit das Arbeitsverhältnis kündigen, auch während einer Erkrankung.
Unter Erkrankung versteht man dabei einen Zustand, in dem ein Arbeitnehmer unverschuldet arbeitsunfähig ist, also die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen kann. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um eine teilweise oder vollständige Arbeitsunfähigkeit handelt.
Ist die Probezeit abgelaufen, gelten die Regeln von Art. 336 c OR. Demnach darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während einer Erkrankung für eine bestimmte Sperrfrist nicht kündigen. Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter unverschuldet krank oder in einem Unfall verletzt wurde. Dazu muss er arbeitsunfähig sein.
Welche Sperrfristen gelten in der Schweiz?
Die Sperrfristen sind davon abhängig, wie lange ein Arbeitnehmer bereits beim Arbeitgeber angestellt ist und betragen:
- im ersten Betriebszugehörigkeitsjahr 30 Tage
- vom 2.-5. Betriebszugehörigkeitsjahr 90 Tage
- ab dem 6. Betriebszugehörigkeitsjahr 180 Tage
Diese Fristen gelten auch bei Teilzeitarbeitsverhältnissen, Zeitarbeitskräften oder freigestellten Arbeitnehmern.
Wird eine Kündigung während dieser Erkrankungszeiträume ausgesprochen, ist sie unwirksam. Der Arbeitgeber muss sie nach Ablauf der Sperrfrist erneut aussprechen, wenn er weiterhin dem Mitarbeiter kündigen will. Ansonsten bleibt der Arbeitsvertrag wirksam bestehen.
Zudem gelten hinsichtlich Sperrfristen diese Regelungen:
- Ist die Kündigung vor der Erkrankung ausgesprochen worden, ist sie wirksam. Sofern die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist, wird sie durch die Sperrfrist unterbrochen und danach wieder fortgesetzt.
- Endet die ordentliche Kündigungsfrist zu einem bestimmten Termin, beispielsweise zum Monatsende, verlängert sich durch die Sperrfrist die Kündigungsfrist bis zum nächsten Monatsende.
- Liegt keine Arbeitsunfähigkeit mehr vor, endet die Sperrfrist vor ihrem gesetzlichen Ablauf.
- Wenn trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung eine Neuanstellung nach Ablauf der Kündigungsfrist wahrscheinlich ist, kann die Sperrfrist in Ausnahmefällen entfallen.
- Dagegen kumulieren sich Sperrfristen, wenn verschiedene Erkrankungen oder Unfälle sich ablösen.
Darf ein Arbeitnehmer während seiner Erkrankung kündigen?
Ja, gemäss Art. 336 d. Dann kommen jedoch keine Sperrfristen zum Tragen. Es gilt die vertragliche Kündigungsfrist.
Ausnahme: Vertritt der Mitarbeiter den Arbeitgeber oder einen Vorgesetzten, während dieser gemäss Art. 336 c Abs. 1 verhindert ist, ist die Kündigung nicht erlaubt. Dieser Zeitraum beinhaltet auch vier Wochen vor und nach der Abwesenheit der vertretenen Person.
Für die Kündigung als Arbeitnehme empfehlen wir unsere Kündigungsvorlage.
Welche Folgen hat es, wenn der Mitarbeiter kein ärztliches Attest vorlegt?
Fehlt eine ärztliche Bescheinigung, darf der Arbeitgeber nicht direkt kündigen. Erst ist er gehalten, den Arbeitnehmer zur Vorlage eines ärztlichen Nachweises für seine Arbeitsunfähigkeit oder zur Wiederaufnahme seiner Tätigkeit aufzufordern.
Welchen Anspruch an Taggeld kann der gekündigte Arbeitnehmer geltend machen?
Ist der Arbeitnehmer krankgeschrieben und kündigt ihm der Arbeitgeber, sollte er sich unverzüglich arbeitslos melden. Er kann Anspruch auf Taggeld geltend machen, wenn ausreichend Beitragsmonate zusammengekommen sind. Hat der Arbeitnehmer selbst gekündigt, wird der Anspruch gekürzt.
Ein volles Taggeld beträgt 80 Prozent des versicherten Verdienstes. Massgeblich sind die Beiträge der letzten 24 Monate (Art. 22 OR und Art. 27 OR):
- Mindestens 12 Beitragsmonate ergeben maximal 260 Taggelder
- Mindestens 18 Beitragsmonate ergeben maximal 400 Taggelder
- Unter 25-Jährige ohne Unterhaltspflichten gegenüber Kindern erhalten maximal 200 Taggelder
- Mindestens 22 Beitragsmonate und 55 Jahre oder älter und IV-Bezüger ergeben maximal 520 Taggelder
- Frauen ab 60 Jahren und Männer ab 61 Jahren stehen zusätzlich 120 Taggelder zu
- Konnte der Arbeitnehmer die Beitragszeit wegen mindestens einjähriger Krankheit nicht erfüllen, erhält er maximal 90 Taggelder
Einen Anspruch auf Taggelder hat jedoch nur derjenige, der sich rechtzeitig und ausreichend um eine Ersatztätigkeit bemüht. Rechtzeitig bedeutet in diesem Zusammenhang, sofort nach erfolgter Kündigung und nicht erst nach Ende der Kündigungsfrist (Art. 17 OR)
Ausreichend bedeutet dabei, dass man sich aktiv mit Bewerbungen um eine Arbeitsstelle bewirbt. Diese Bemühungen kontrollieren die RAV-Stellen. Haben Sie kein ausreichendes Engagement festgestellt, können sie die Anspruchsberechtigung kürzen.
Ist der Arbeitnehmer auch nach Genesung nicht zu 100 % arbeitsfähig, ist er nicht voll vermittlungsfähig. Entsprechend wird auch das Taggeld gekürzt, es sei denn der Arbeitslose hat sich ebenfalls bei der IV gemeldet, um eine Rente beziehen zu können. In diesem Fall tritt die sogenannte Vorleistungspflicht der Arbeitslosenversicherung in Kraft. Bis zum Rentenbescheid erhält der Arbeitslose dann auch bei nur teilweiser Arbeitsfähigkeit das volle Taggeld (Art. 28 OR). Hat die IV eine Entscheidung über den Antrag gefällt, wird das Taggeld für die Zukunft entsprechend der festgestellten Resterwerbsfähigkeit angepasst.