Ausgewogene Arbeits- und Ruhezeiten sind wichtig, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. Ärgerlich, wenn Sie nach der Arbeit unter lautstarken Bauarbeiten oder dem Klavierkonzert der Nachbarskinder leiden. Zumindest in Zeiten der Nachtruhe, die in der Schweiz meist zwischen 22.00 und 6.00 Uhr liegt, sollten Sie vor Immissionen sicher sein. Das gilt auch für die Mittagszeit von 12.00 bis 13.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen ganztägig. Welche Immissionen Sie akzeptieren müssen und wogegen Sie sich wehren können, erfahren Sie hier.
Ruhezeiten in der Schweiz
Die Ruhezeiten in der Schweiz sind kantonal unterschiedlich. Eine einheitliche Regelung für die Gesamtschweiz gibt es nicht. Stattdessen ergänzen sich Regelungen in der Lärmschutzverordnung (LSV, SR 814.41), in Immissionsschutzreglementen der Gemeinden sowie in Hausordnungen.
Unabhängig davon, in welchen Verordnungen und Gesetzen die Ruhezeiten aufgeführt sind, eine konkrete Gebrauchsanleitung für Lärm, Gerüche oder Stimmen findet sich selten. Es sind lediglich Rahmenbedingungen, die der Gesetzgeber geschaffen hat.
Grundsätzlich gelten diese Ruhe- und Nachtzeiten:
- Nachtruhe: werktags ab 22.00 Uhr bis morgens 6 Uhr
- Mittagsruhe: werktags zwischen 12.00 Uhr und 13.00 Uhr
- Sonn- und Feiertage: ganztags
In Gemeinden und Kantonen werden diese Ruhezeiten häufig individuell angepasst:
- Beispiel Basel-Stadt: Hier beginnt die Nachtruhe erst ab 23.00 Uhr. Zudem sorgt man in Basel-Stadt schon ab 19.00 Uhr dafür, dass Ruhestörungen durch lautstarke Garten- und Haushaltsarbeiten oder sonstige Lärmimmissionen vermieden werden.
- Beispiel Zürich: In Zürich ist die Nachtruhe auf 22.00 bis 07.00 Uhr festgelegt worden. Eine Ausnahme bildet die Sommerzeit, in der an Freitagen und Samstagen die Nachtruhe erst um 23.00 Uhr beginnt. Abends ist lärmintensives Verhalten bereits ab 20.00 Uhr und sonntags rund um die Uhr zu vermeiden. Das beinhaltet auch die Benutzung von Wertstoffsammelstellen.
- Beispiel Bern: In Bern gilt die Nachtruhe von 22.00 bis 06.00, unabhängig von Sommer- oder Winterzeit. “Lärmige Hausarbeiten” wie Staubsaugen sind von 20.00-7.00 verboten, das Ausklopfen von Teppichen, Möbeln, Betten usw. zusätzlich von 12.00-13.30.
Rücksichtnahme auch ausserhalb der Ruhezeiten
Unabhängig von den festgelegten Zeiten sollte jeder selbst entscheiden, wo die Grenze zur Rücksichtslosigkeit ist. Wer beispielsweise am Montagnachmittag um 16.00 Uhr den Mülleimer leert, kann sich sicher sein, dass es nichts zu beanstanden gibt. Sind Sie jedoch ein Nachtmensch und lieben es, die Hausarbeit um 3.00 Uhr früh zu erledigen, begeistert das die Nachbarn weniger. Der Gang zur Mülltonne unter lautstarker Begleitmusik kann dann schnell zur Ruhestörung werden. Ihre Nachbarn dürfen sich dagegen wehren.
Haben Sie ein Baby, das sich nachts bemerkbar macht, haben Ihre Nachbarn allerdings nur die Chance, sich daran zu gewöhnen oder sich in ihre Kissen zu vergraben. Denn Schreien ist ein natürlicher Reflex von Babys, der nicht unterbunden und schon gar nicht verboten werden darf. Das gilt auch für die Geräuschkulisse spielender Kinder.
Welche Lautstärke ist in den Ruhezeiten erlaubt?
Jeder empfindet Geräusche, Gerüche und Stimmen anders. Was den einen zur Raserei treibt, bemerkt ein anderer gar nicht. Ebenso wenig wie Menschen einheitlich auf ihr Umfeld reagieren, kann man die einzelnen Situationen pauschalisieren. Daher beurteilen die Gerichte jeden Fall einzeln.
Der Gesetzgeber bestimmt in Art. 684 ZGB, dass jeder Mensch verpflichtet ist, sich „aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten“. Gemeint sind damit alle „nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht“.
Auch Mieter haben nach Art. 257f OR die Pflicht, auf andere Hausbewohner Rücksicht zu nehmen.
Was sind Immissionen?
Dabei spielen Immissionen eine Hauptrolle. Bei ihnen handelt es sich um störende Einwirkungen durch Nachbarn, Bauarbeiter, Supermärkte etc. Man unterscheidet verschiedene Arten von Immissionen: materielle, ideelle oder schlicht negative.
- Unter materiellen Einwirkungen versteht man beispielsweise Rauch, Lärm oder Erschütterungen. Auch Ausdünstungen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb oder einer Kläranlage gehören zu den materiellen Immissionen. Zu den störenden Einwirkungen gehören auch Rauch und Gerüche durch grillierende Nachbarn.
- Unter ideellen Immissionen versteht man ein psychisches Unbehagen. Dazu gehört beispielsweise das Gefühl von Hilflosigkeit, wenn im Haus oder in der Nachbarschaft ständig gefeiert oder lautstark Musik gehört wird.
- Bei negativen Immissionen fehlt Ihnen etwas, beispielsweise Aussicht oder Licht durch die neue Garage oder eine Sichtschutzwand des Nachbarn.
Beispiele, die Gerichte als nicht erlaubt oder begrenzt eingestuft haben:
Musizieren
Musizieren ist ein Grundrecht und darf nicht generell verboten werden. Es ist täglich für 2-3 h erlaubt, sofern es sich nicht um besonders beeinträchtigende Musikinstrumente handelt. Schlagzeug oder lautstarke Blasinstrumente wie Trompete, Saxofon oder Horn führen zu übermässigen Immissionen für die Umgebung. Diese Instrumente sollten durch professionelle Schalldämpfung erträglicher gemacht werden. Dagegen ist Klavierspielen erlaubt.
Ständiges lautes Musikhören/Fernsehen
Ständiges lautes Musikhören/Fernsehen ist nicht erlaubt. Dazu gehört auch das Musikhören/Fernsehen über Zimmerlautstärke hinaus innerhalb der Ruhezeiten. Das gilt auch in gewerblichen oder Mischwohngebieten.
Lärmende Haushaltsarbeiten
Lärmende Haushaltsarbeiten in den Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen sind untersagt. Nicht erlaubt sind zu diesen Zeiten auch laute Bau- oder Gartenarbeiten.
Übermässig lautes Feiern
Übermässig lautes Feiern in der Nacht bzw. an Sonn- und Feiertagen sollten Sie ebenfalls vermeiden.
Sonstiges
Auch nächtliches Baden und lautes Streiten während der Ruhezeiten müssen Nachbarn nicht akzeptieren. Ebenso wenig nächtliche Laufgeräusche durch Schuhe mit hohen Absätzen.
Was kann ich gegen Ruhestörungen unternehmen?
Ihre Wohnung dröhnt und vibriert durch das Schlagzeug der Nachbarn? Jeden morgen um 6.00 Uhr werden Sie durch den Smoothie-Mixer der Nachbarin geweckt? Pünktlich zum Arbeitsbeginn wirft die Baufirma gegenüber den Bagger an? All diese Situationen belasten. Sie fühlen sich hilflos, wütend und nicht akzeptiert.
Bevor Sie jetzt Ihren Anwalt anrufen, die komplette Nachbarschaft mobilisieren oder gar ausziehen, sollten Sie zuerst das Gespräch suchen.
Sprechen Sie mit dem Verursacher
Suchen Sie sich für das Gespräch einen Zeitpunkt aus, der nicht hochoffiziell ist, aber auch nicht zwischen Tür und Büro. Wenn die Nachbarin gerade ins Auto steigt und schon in Gedanken bei der Arbeit ist, macht ein Gespräch keinen Sinn. Auch wenn der Nachbar gerade die Hecke schneidet oder Besuch hat, kommt die Bitte, sich akustisch zurückzunehmen, eher ungelegen.
Warten Sie stattdessen einen ruhigen Moment ab, der zum Gespräch einlädt. Beschreiben Sie dann ruhig und aus ihrer persönlichen Sicht die kritische Situation. Aber nur zu kritisieren und den Gesprächspartner damit allein zu lassen, kann zu einer falschen Reaktion führen. Überlegen Sie sich daher vorher, welche Lösung Sie sich wünschen und schlagen Sie diese Ihrem Nachbarn vor.
6 Tipps für erfolgreiche Gespräche:
- Überfallen Sie den Nachbarn nicht während einer ablenkenden Beschäftigung im Garten oder am Auto.
- Berichten Sie kurz und knapp von Ihren eigenen Eindrücken, nicht von denen anderer Personen. Was weitere Nachbarn dazu sagen, interessiert an dieser Stelle nicht. Sie treiben den Gesprächspartner damit nur in die Enge.
- Schweifen Sie nicht aus. Wer den Bogen vom Klavierspiel über die Schuhe im Treppenhaus bis lauten Rasenmäher spannt, riskiert, dass der Nachbar nicht mehr zuhört.
- Lassen Sie auch den Gesprächspartner zu Wort kommen und unterbrechen Sie ihn nicht. Selbst wenn er Ihre Meinung nicht teilt, ist das Gespräch eine gute Basis für mehr Aufeinanderzugehen.
- Vermeiden Sie deshalb unbedingt Lautstärke, Drohungen und wildes Gestikulieren.
- Versetzen Sie sich in die Situation des Nachbarn:
- Wer Kinder hat, kann sich nicht so ruhig verhalten wie jemand, der alleine wohnt.
- Wer einen Garten hat, muss Geräte nutzen und ab und zu mehr Geräusche verursachen als jemand, der nur auf seinem Balkon sitzt.
- Wer berufstätig ist, hat für seine Hobbys nur einen begrenzten Spielraum und muss womöglich am frühen Abend noch aktiv werden.
Sie werden merken: Oft ist es dem Gesprächspartner gar nicht bewusst, wie seine Geräuschkulisse in der Nachbarschaft ankommt. Die Bereitschaft, sich zurückzunehmen, ist meist grösser als gedacht.
Reagiert der Nachbar jedoch ablehnend und ändert auch in den kommenden Tagen nichts an der Situation, lassen Sie sich beraten.
Rechtliche Mittel, Information und Beratung
Wenden Sie sich beispielsweise an die kantonale Schlichtungsstelle, wenn Sie nicht mehr weiterkommen. Dort erhalten Sie Informationen und Beratung. Als Mieter oder Vermieter können Sie auch die entsprechenden Mieterverbände bzw. Vermieterverbände um Rat fragen.
Wenn Sie sich bereits mündlich an den Verursacher unangenehmer Immissionen gewandt haben und keine Änderung eingetreten ist, sollten Sie einen Schritt weiter gehen.
Mieter können sich an den Vermieter wenden
Als Mieter bedeutet dies, sich an den Vermieter zu wenden. Schildern Sie ihm am besten schriftlich kurz und knapp, welche Situationen für Sie störend und belastend sind. Fordern Sie die Beseitigung der Störung und setzen Sie dafür eine Frist.
Um Ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, können Sie dem Vermieter ankündigen, dass Sie bei unveränderter Störung den anfallenden Mietzins der nächsten Monate hinterlegen werden. Zudem können Sie eventuell eine Mitzinssenkung verlangen.
Tipp: Seien Sie jedoch mit diesen Konsequenzen zurückhaltend, ansonsten wird die Ruhestörung des Nachbarn zum Bumerang für Sie.
Vermieter darf Kündigungsfrist verkürzen
Der Vermieter kann den Nachbarn nun schriftlich auffordern, die Störungen zu vermeiden. Bewirkt dies keine Veränderungen, darf der Vermieter dessen Kündigungsfrist auf 30 Tage zum Monatsende reduzieren.
Fazit: Nur gegenseitige Rücksichtnahme und Gespräche bringen Erfolg
Ruhezeiten, Nachtzeiten, Sonn- und Feiertagsruhe bilden den Rahmen für ein erholsames Miteinander. Nehmen Nachbarn jedoch keine Rücksicht aufeinander, nutzen starre Zeiten nichts. Da die Belastung der Nachbarschaft oft keine Absicht ist, empfiehlt sich ein sachliches Gespräch mit dem Verursacher von Lärm, Rauch oder sonstigen Ärgernissen.
Schildern Sie, wie sich Musikunterricht, Grillpartys, Garten-, Haus- oder Bauarbeiten von ihrer Seite aus anhören und anfühlen. Vereinbaren Sie tragfähige Kompromisse, denn beide Seiten sollten davon profitieren und etwas dazutun. Im Zweifelsfall lassen Sie sich von der kantonalen Schlichtungsstelle oder einem Mieterverein beraten.
Gehen Sie Schritt für Schritt vor und überfallen Sie den Nachbarn nicht mit Gesetzestexten und Drohungen. Denken Sie daran: Sie müssen wahrscheinlich noch länger miteinander auskommen.