- 11 Gründe für eine Kündigung vor Stellenantritt
- Was versteht man unter einem Arbeitsvertrag?
- Welche Fristen nennt das Gesetz für die Kündigung vor dem Jobantritt?
- Wie kündigt man einen befristeten Vertrag vor dem ersten Arbeitstag?
- Welche Kosten fallen für den Arbeitnehmer bei vorzeitiger Kündigung an?
- Tipp: Schliessen Sie einen Aufhebungsvertrag ab
Sie haben einen Job gefunden. Noch vor Beginn Ihrer Tätigkeit erhalten Sie ein besseres Angebot. Sie möchten Ihren Arbeitsvertrag deshalb vorzeitig kündigen. Ob eine Kündigung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses möglich ist und mit welchen Konsequenzen Sie rechnen sollten, erfahren Sie hier. Bitte beachten Sie, dass diese Zusammenstellung keine Rechtsberatung ersetzt. Ein Anwalt kann Sie im konkreten Fall individuell und umfassend beraten.
Einen neuen Arbeitsplatz zu suchen, ist aufwendig und aufregend zugleich. Haben Sie sich mit einem Arbeitgeber geeinigt, steht einem schnellen Vertragsabschluss nichts mehr im Weg. Dann liegt er auf dem Tisch, Ihr nagelneuer Arbeitsvertrag. Trotzdem will sich die grosse Vorfreude nicht einstellen. Wenn dann noch die Zusage eines viel interessanteren Unternehmens im Briefkasten liegt, bleibt nur, dem Arbeitgeber noch vor Stellenantritt zu kündigen. Eine solche Vorgehensweise wird nicht im Gesetz behandelt. Dabei gibt es reichlich Gründe, die Arbeitnehmer veranlassen können, ein Arbeitsverhältnis noch vor dem ersten Tag wieder aufzulösen.
11 Gründe für eine Kündigung vor Stellenantritt
Ursachen für den Entschluss, einen abgeschlossenen Vertrag vorzeitig aufzulösen, gibt es viele. Hier sind 11 davon:
- Nach Unterzeichnung erhalten Sie ein attraktiveres Angebot.
- Sie haben bewusst mehrere Verträge abgeschlossen, um sich den lukrativsten Job zu sichern.
- Das Unternehmen benötigt einen Mitarbeiter mit speziellen Kenntnissen, die Sie sich bei genauerer Überlegung nicht aneignen wollen
- Sie erfahren, dass Ihr neuer Arbeitgeber den Standort wechseln will.
- Das Unternehmen verliert einen sicher geglaubten Auftrag. Ihnen erscheint Ihre künftige Tätigkeit zu unsicher.
- Sie entscheiden sich, erst zu studieren oder ein Auslandsjahr zu machen.
- Sie erfahren, dass das Unternehmen finanziell stark angeschlagen ist.
- Sie haben irrtümlich einen befristeten Arbeitsvertrag unterschrieben, statt einen unbefristeten.
- Sie bekommen in Ihrem bisherigen Unternehmen eine unerwartete Karrierechance.
- Sie haben von ständigen Differenzen zwischen dem Arbeitgeber und seinen Mitarbeitern erfahren.
- Ihr jetziger Arbeitgeber eröffnet überraschend eine Filiale an einem Standort, der für Sie attraktiv ist.
Die Liste könnte unbegrenzt fortgesetzt werden. Am Ende entscheiden Sie individuell, welche Gründe für Sie ausschlaggebend sind.
Was versteht man unter einem Arbeitsvertrag?
Das Schweizer Arbeitsrecht ist arbeitsrechtlich und vertraglich geregelt. Vor allem im Obligationenrecht (OR Art. 319), Arbeitsgesetz (ArG), Gleichstellungsgesetz (GIG) und Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG) finden sich die Grundlagen dazu.
Der Arbeitsvertrag ist eine beiderseitige Willenserklärung (OR Art. 1 Abs. 1), die beide Parteien, d. h. Arbeitnehmer und Arbeitgeber, einvernehmlich abgeben. Falls der Vertrag für einen längeren Zeitraum als einen Monat oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wird, muss er schriftlich erfolgen (OR Art. 330b).
Es besteht Vertragsfreiheit, d. h. beide Parteien dürfen weitgehend frei entscheiden, was sie in ihren Vertrag aufnehmen. Voraussetzung ist, dass keine unmöglichen, widerrechtlichen oder unsittlichen Inhalte aufgenommen werden (OR Art. 20) und die zwingenden Vorschriften (OR Art. 361 und OR Art. 362) beachtet werden.
Ein Arbeitsvertrag sollte diese Bestandteile enthalten:
- Beginn und Dauer
- bei befristeten Verträgen auch das Ende
- der Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung
- Arbeitsort(e)
- Arbeitszeit und Ferien
- Lohn bzw. Gehalt
- Leistungen über das Gehalt hinaus
- Probezeit und Kündigungsfrist
- zusätzliche Vereinbarungen zu Erfindungen, Konkurrenzverbot, Reglemente, Weisungen etc.
- ggf. Schadenersatz
Welche Fristen nennt das Gesetz für die Kündigung vor dem Jobantritt?
Keine. Die Kündigung eines unbefristeten Vertrages vor dem ersten Arbeitstag ist im Gesetz nicht eindeutig geregelt. Stattdessen beschäftigen sich die kantonalen Gerichte immer wieder mit der Frage, ob man ein Arbeitsverhältnis schon kündigen kann, bevor man es angetreten hat. Im Ergebnis sind sich die Gerichte uneinig. Es haben sich überwiegend zwei Auffassungen herauskristallisiert:
- Die erste Auffassung basiert darauf, dass eine Kündigung – unabhängig davon, wann sie ausgesprochen wurde – erst ab dem vereinbarten ersten Arbeitstag wirksam wird. Dabei gehen die Juristen davon aus, dass nur ein aktives Arbeitsverhältnis gekündigt werden kann, d. h. der vertragliche Beginn erreicht sein muss.
- Hier stehen zwei Kündigungsfristen im Raum:
- die Kündigungsfrist der Probezeit, d. h. 7 Tage. Als Probezeit gilt meist der erste Monat des Arbeitsverhältnisses, sie darf längstens 3 Monate dauern.
- die ordentliche Kündigungsfrist eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, z. B. bei fehlender Probezeit: 1 Monat
- Hier stehen zwei Kündigungsfristen im Raum:
- Die zweite Auffassung geht von einer wirksamen Kündigung vor dem ersten Arbeitstag aus. Dabei beginnt die Kündigungsfrist einer Probezeit von 7 Tagen ab dem Zugangsdatum der Kündigung.
Für diese und weitere Varianten gibt es unterschiedliche Rechtsprechungen in der Schweiz. Wenn Sie solchen Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen möchten, bietet sich der Abschluss eines gemeinsamen Aufhebungsvertrages mit dem Arbeitgeber an. So umgehen Sie arbeitsrechtliche Fragen zu Fristen und juristisch einwandfreier Vorgehensweise.
Wie kündigt man einen befristeten Vertrag vor dem ersten Arbeitstag?
Sie haben einen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen und möchten diesen kündigen? Ein befristeter Arbeitsvertrag liegt vor, wenn Beginn und Ende der Beschäftigung im Voraus festgelegt sind. Ein solcher Vertrag beinhaltet in der Schweiz weder Probezeit noch eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit. Das Arbeitsverhältnis endet automatisch mit Erreichen des Enddatums. Wird der Mitarbeitende darüber hinaus beschäftigt, geht sein Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes über. Die Aneinanderreihung mehrerer Befristungen ist nicht zulässig.
Nach Schweizer Recht sind individuelle vertragliche Vereinbarungen möglich. Es empfiehlt sich, auch befristete Verträge mit Probezeit und Kündigungsfristen abzuschliessen.
Wer seinen befristeten Arbeitsvertrag bei fehlender Sondervereinbarung zur Kündigungsfrist beenden möchte, muss mit dem Unternehmen einen Aufhebungsvertrag abschliessen.
Eine Ausnahme besteht in der fristlosen Kündigung bei wichtigem Grund (OR Art. 337).
Welche Kosten fallen für den Arbeitnehmer bei vorzeitiger Kündigung an?
Wer seinen Arbeitsplatz kündigt, bevor er diesen angetreten hat, möchte meist die Chance zu einem besseren Angebot nutzen. Schnell kommt der Gedanke auf, erst gar nicht bei seinem Noch-Arbeitgeber anzutreten und den Vertrag zu ignorieren. Dabei sollte beachtet werden, dass dem Arbeitgeber in diesem Fall eine Entschädigung nach OR Art. 337 d in Höhe eines Viertels des Monatslohns zusteht. Zudem empfiehlt sich vorher noch ein Blick in den Vertrag, ob darüber hinausgehende Strafen vereinbart wurden.
Das Unternehmen kann Schadenersatz fordern. Um gegen den kündigenden Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schadenersatz geltend zu machen, muss dem Arbeitgeber ein solcher entstanden sein. Der Schaden ist vom Unternehmen nachzuweisen.
- Dies kann z. B. der Fall sein, wenn durch die Kündigung dringend ein Ersatzmitarbeiter gesucht und zu höheren Kosten eingestellt werden musste.
- Auch wenn das Unternehmen aufgrund des fehlenden Mitarbeiters eine Frist verstreichen lassen musste oder ihm Umsatzeinbussen entstanden, weil es ein Geschäft nicht abschliessen konnte, ist der Anspruch auf Schadenersatz womöglich durchsetzbar.
- Der Arbeitnehmer, der gekündigt hat, kann z. B. dagegen argumentieren, dass fast übergangslos ein personeller Ersatz gefunden wurde oder das Geschäft trotz seiner Mitarbeit nicht hätte abgeschlossen werden können.
- Die Entschädigung sollte ebenfalls angepasst werden, wenn der Arbeitgeber einen drohenden Schaden nicht rechtzeitig oder ausreichend versucht hat, abzuwenden.
Ein Richter entscheidet nach Prüfung aller Fakten, welche Entschädigung einem entstandenen Schaden entspricht. Voraussetzung ist, dass der mögliche Schaden innert 30 Tage nach Nichtantritt oder nach Verlassen der Arbeitsstelle geltend gemacht wird (OR Art. 337 d).
Tipp: Schliessen Sie einen Aufhebungsvertrag ab
Eine Kündigung noch vor dem ersten Arbeitstag kann zu juristischen Auseinandersetzungen führen, die unnötig Energie und Geld kosten. Unser Tipp: Sprechen Sie mit Ihrem Noch-Arbeitgeber. Er wird nicht daran interessiert sein, einen Mitarbeiter zu beschäftigen, der das Unternehmen ohnehin verlassen möchte. Die Beschäftigung eines gedanklich bereits woanders tätigen Mitarbeiters verursacht unter der übrigen Belegschaft des Arbeitgebers nur Unruhe. Die meisten Unternehmen werden dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages aufgeschlossen gegenüberstehen. Dieser sollte aus Beweisgründen schriftlich abgefasst werden.